Dadurch war es dann eine ziemliche Hatz die rutschige Sandkante hinauf. Nur Brett und Lorenz erklommen die 170 Meter hohe Spitze, Wir anderen begnügten uns mit einem Plätzchen etwas weiter unten und bestaunten den Sonnenaufgang über diesen gigantischen roten Sanddünen. Da fehlen selbst mir echt die Worte, um das zu beschreiben.
Hinunter ging es dann nicht am Grat zurück, sondern direkt über die steile Flanke, mit großen, an einen Mondspaziergang erinnernden Schritten durch den weichen Untergrund, der Zeitlupenwellen gleich in die Ebene strömte. An diesem einzigartigen Ort schmeckte das Frühstück gleich nochmal so gut, auch wenn ein paar Wildbienen auf der Suche nach Wasser am Ende sehr nervten.
Weiter führte uns die Straße zwischen den immer näher kommenden Sandgiganten in die Namib-Wüste, bis wir nach zehn Kilometern ihr Ende erreichten. Hier stiegen wir um in ein Allradgefährt, das uns nach weiteren fünf Kilometern Sanddrift zum Ausgangspunkt unserer Wanderung nach Sossus Vlei brachte. Das bedeutet so viel wie Ende der Feuchtzone, was angesichts der hinter uns liegenden Wüste und Halbwüste ein bisschen seltsam klingt. 2007 hat es hier zum letzten Mal geregnet, aber ein unterirdischer Fluss und der Nebel, der vom Atlantik bis hierhin kommt, sorgen dafür, dass selbst hier etwas wächst. Genug, um Springböcke, aber auch allerhand Kleingetier zu ernähren.
Über kleinere Lehmplatten und reichlich Sand hinweg erreichten wir schließlich den unwirtlichsten Platz, den wir je betreten haben - eine über 2 Kilometer lange Lehmebene am Fuß von Big Daddy, der mit 360 Metern höchsten Düne. Abgestorbene Bäume bringen eine fast unwirkliche Dramatik in diese Landschaft (Foto). Wir hatten dennoch viel Spaß und schossen lauter alberne Bilder. Auf dem Rückweg genossen wir es dann nochmals, eine Düne hinunterzurennen, während die Sonne zunehmend erbarmungsloser auf uns hinunter brannte. Auf den Gipfeln der Dünen, so verriet uns Hendrik, werden über 70 Grad erreicht, was am hohen Eisenanteil im Sand liegt. Der sorgt auch für die beeindruckende Rotfärbung.
Die Rückfahrt ins Camp wartete dann mit einer Überraschung auf. Offensichtlich hatte uns das Dieselleck mehr Sprit gekostet, als Clayton gedacht hatte. Jedenfalls standen wir in wüstigster Wüste ohne Treibstoff 20 Kilometer von jeder menschlichen Ansiedlung entfernt. Und das, wo wir uns viel Zeit genommen hatten und die anderen Trucks schon lange weg waren. Zum Glück kam dann doch noch ein Nachzügler in Form eines Pkw, der Hendrik samt drei leeren 5-Liter-Wasserkanistern mit ins Camp nahm. Wir bereiteten derweil in der über 50 Grad heißen, fast senkrecht stehenden Sonne unser Lunch vor, das wir dann im "nur" knapp 40 Grad warmen Truck aßen. Ein spezielles Abenteuer, das wir sicher nicht vergessen werden.
Damit war der Tag aber noch nicht zu Ende. Zurück im Camp packten wir schnell die Zelte ein und absolvierten die mit 85 km kürzeste Etappe unserer Tour. Sie führte uns nach Solitaire. Dort im mit etwa 60 Einwohnern kleinsten Ort Namibias gibt es eine exzellente Bäckerei. Sie hat den angeblich besten Apfelstreuselkuchen südlich der Sahara. Und in der Tat, er ist ebenso großartig wie die Stücken riesig. Zum verdauen blieb uns nicht viel Zeit, denn es stand schließlich noch ein Tourhöhepunkt an.
Es ist eine langjährige Tradition, dass hier in Solitaire die männlichen Tourteilnehmer der African Travel Company als ATC United ein Fußballspiel gegen die Mannschaft der Einheimischen, den FC Solitaire, austragen. Die sind gut trainiert und fußballerisch wirklich eine Augenweide. Da Clayton in der Werkstatt wurstelte und Farai das Dinner vorbereiten musste, waren wir nur sechs Spieler. Unsere Gastgeber halfen uns mit zwei Mann aus, waren selbst zu neunt. Die Tatsache, dass darunter zwei Kids von gerade 14 Jahren spielten, erwies sich nicht als Vorteil für uns. Sie waren nämlich brillant. Wegen des zum Teil fast buschigen Bewuchses auf der einen Seite wurde das Feld kürzer gemacht, allerdings nicht schmaler. Wir spielten auch auf kleinere Tore. Uns war klar, dass wir nur aus einer stabilen Abwehr heraus gegenhalten können und mit schnellen Anggriffen versuchen müssen, die Abwehrunlust der Einheimischen auszunutzen.
Das gelang uns anfangs ganz gut. Wir führten schnell 3:0 - und für mich absolut sensationell erzielte ich das erste Tor. Wir spielten mit wechselndem Torhüter, ich stand dann allerdings die meiste Zeit im Kasten. Immerhin sind die anderen größtenteils nicht halb so alt wie ich und demzufolge viel besser auf den Beinen. Von den Toren beflügelt ließen wir dann die Defensive etwas schleifen, was sich schnell rächte. 3:3 stand es plötzlich, dann führten wir noch zweimal, bekamen jeweils postwendend den Ausgleich und lagen beim 5:6 erstmals zurück. Nur einmal in mehr als drei Jahren hat Hendrik hier mit einem ATC-Team gewinnen können, und das nur, weil sie einen Istaeli dabei hatten, der aktiv als Torhüter spielte und fast alles hielt.
Nun, wir hatten mit Lorenz einen versierten, schnellen Mann im offensiven Mittelfeld, mit Hendrik einen unermüdlichen Läufer, mit Min einen agilen Allrounder, mit Brett einen unberechenbaren Rugbyspieler, mit mir einen passablen Torwart - und mit Romain einen herausragenden Verteidiger, der, als er wieder mehr Unterstützung bekam, die gegnerischen Angreifer zur Verzweiflung brachte. Zum Glück spielten die Gastgeber sehr afrikanisch, also ballverliebt, trickreich, wunderschön anzuschauen, aber nicht sehr effektiv. Die beiden Einheimischen auf unserer Seite waren zwar nicht sehr abspielfreudig, aber trotz der über 30 Grad (im Schatten) und der knalligen Sonne übernahmen wir wieder das Zepter, ließen keinen Treffer mehr zu und erzielten nach zweistündiger Spielzeit (ohne Pause) das siegbedeutende zehnte Tor. Der Hartplatz hatte uns alle nicht ungeschoren davon kommen lassen, Lorenz pulte zum Beispiel noch länger Steine aus seiner Handwunde, ich hoffe, dass mein blutiges Knie keine Entzündung zur Folge hat. Aber der Sieger kennt keinen Schmerz - der kommt sicher erst morgen.
Ein Sprung in den Pool tat uns erstmal sehr gut, das Bierchen danach auch. Nach dem Dinner hielt es aber keinen mehr lange auf den Beinen, es war der kürzeste Abend unserer Tour bisher.
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