Dienstag, 9. Oktober 2012

Ein Arnstädter in Tansania

Der Bundestagsabgeordnete Jens Petermann vor dem Mt. Meru in Arusha
Wenn einer eine Reise tut - dann kann er jemanden besuchen. Das hat der Arnstädter Stadtrat und Bundestagsabgeordnete Jens Petermann heute getan. Das heißt, ein bisschen bin ich ihm entgegengekommen. Der Linke-Politiker ist Mitglied des Rechtausausschusses des Deutschen Bundestages und mit diesem derzeit in Tansania und Kenia unterwegs, um sich über die Entwicklung der Verfassungsgebung in der Ostafrikanischen Union zu informieren. Der offizielle Besuch startete in Dar es Salaam und führte die Delegation heute nach Arusha. Im Mt. Meru-Hotel traf ich die Politiker.

Ein bisschen klimaanlagengeschädigt und übernächtigt aufgrund langer Sitzungen und Gespräche, aber guter Dinge und voller neuer Eindrücke - so begegnete mir Jens Petermann. Bei einem wohltuend kühlenden Wasser fragte er mich über die vergangenen Monate in Tansania ebenso aus wie ich ihn über die Entwicklungen in unserer Heimatstadt. Angenehm plaudernd verging die Pause bis zum nächsten Punkt im enggedrängten Programm der Delegation.

Botschafter Brandes und Delegationsleiter Kauder (v.l.)
Die wird von Siegfried Kauder angeführt und brachte die deutschen Parlamentarier unter anderem mit dem tansanischen Vizepräsidenten, Mitgliedern von Regierungspartei und Opposition, dem deutschen Botschafter Klaus-Peter Brandes sowie Vertretern deutscher Organisationen und Stiftungen zusammen. Hintergrund des Afrika-Trips ist die Tatsache, dass die Ostafrikanische Union gegenwärtig dabei ist, sich enger zusammenzuschließen und damit auch in Kenia und Tansania die Verabschiedung einer neuen Verfassung verbunden ist.

Interessant für mich als "Tansanier auf Zeit" war es in der folgenden - von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierten - Expertendiskussion, zu erfahren, dass Tansania da offensichtlich ziemlich hinterherhängt und möglicherweise einen Eigenweg beschreitet, der sogar den Zusammenhalt der Ostafrikanischen Union infrage stellen könnte. Kritik wurde hier unter anderem an den zu großen Befugnissen des Präsidenten geäußert, die ihren Ursprung in der Kolonialzeit haben. Sie wurden sozusagen vom letzten Generalgouverneur "vererbt", das sei nicht mehr zeitgemäß, sagte Prof. Michael Wambali in seinem Diskussionsbeitrag. Seiner Meinung nach müsse man mindestens eine Rechenschaftspflicht für den Präsidenten einführen und es ihm künftig nicht mehr erlauben, das Parlament aufzulösen.

Aufmerksam wurden die Aussagen von Delegationsleiter Siegfried Kauder verfolgt, der über das Grundgesetz, den Parlamentarismus und Probleme der europäischen Einigung sprach. Er befürchtet, dass die Bedeutung des deutschen Bundesverfassungsgerichts abnehmen und der Einfluss Europas zunehmen, dass also künftig noch stärker europäisches Recht vor nationalem Recht gelte. "Europa hat einen Webfehler", sagte er und erklärte, dass zu viele Kommissare zu viele Rechte haben. Man müsse also "auf der Hut sein, wenn man sich zusammenschließt", gab er den Afrikanern mit auf den Weg.

Jens Petermann während der KAS-Diskussion
Jens Petermann stellte im Ergebnis der Gespräche fest, dass Deutschland sich ziemlich spät um die Belange in Afrika kümmere. Die Chinesen seien da viel weiter und sicherten sich so den Zugriff auf viele lukrative Aufträge etwa beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und vor allem auf vielfältige Bodenschätze. Was man von Afrika lernen könne, sei die grundsätzliche Bereitschaft, sich mehr mit den Wünschen und Forderungen der Einwohner auseinanderzusetzen. So wurden im Vorfeld der Verfassungsgebung in Tansania Interviews mit Bürgern überall im Land geführt, 50.000 Seiten Protokolle aufgezeichnet. Er habe, so Petermann, allerdings einige Fragen. "Wer hat wir wen was gefragt und wie werden die Ergebnisse verarbeitet", würde er zum Beispiel gerne wissen. In Sachen Unabhängigkeit habe er angesichts der sich zuspitzenden Probleme zwischen Regierung und Opposition schon seine Bedenken. Mehr Bürgerbeteiligung stünde Deutschland aber auch gut zu Gesicht.

Die Delegation setzt ihre Reise morgen nach einer kurzen Safari im Arusha-Nationalpark mit dem Flug nach Nairobi fort und wird Ende der Woche nach Deutschland zurückkehren. Ich nutzte die Gelegenheit für ein paar Worte mit dem deutschen Botschafter, da wir die Einladung zum Empfang in der Botschaft in Dar es Salaam am 3. Oktober aufgrund der großen Entfernung nicht wahrnehmen konnten. Dann verabschiedete ich mich rechtzeitig, um noch bei Tageslicht wieder nach Machame zurückzukehren.

1 Kommentar:

  1. Da seht Ihr mal, dass an dem Spruch von der ach so kleinen Welt und wen man da alles treffen kann etwas dran ist. Wer weiß, vielleicht verirrt sich der eine oder andere Ilmkreisler noch bei Euch auf dem fernen Kontinent. In Kanada hab ich jedenfalls keinen Bekannten getroffen. Christoph

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