Montag, 19. November 2012

Halbzeitgedanken

Da dieser kleine gelbe vorlaute Kerl, nach dem dieser Blog benannt ist, schon mal darauf hingewiesen hat, dass die Hälfte unserer Auszeit bald vorbei ist, will ich mich des Themas auch mal annehmen. Allerdings nicht, ohne Pooh zu widersprechen. Klar könnten wir Bergfest feiern. Vor ein paar Tagen, heute, in ein paar Tagen. Aber es wäre in keinem Fall Wehmut darüber dabei, dass es jetzt "bergab" geht. Denn das beste an diesem Jahr ist, dass wir es erleben. Da ist es völlig egal, dass es auch irgendwann vorbei sein wird.

Vor ein paar Jahren haben wir ein bisschen herumgesponnen, aber noch nicht einmal davon zu träumen gewagt, solch eine Zeit zu verbringen wie die, die wir jetzt erleben. Dabei geht es nicht darum, nichts oder nicht viel zu tun, abzuhängen, es sich gut gehen zu lassen, fernab von Stress und anderem Ärger. Klar ist so ein Auswandern, selbst wenn es nur auf Zeit ist wie unseres, auch ein Stück Flucht vor manchem, das einem den Alltag zuweilen schwer macht oder sogar den Spaß am Leben ab und zu mal verdirbt. Aber auch das gehört dazu, vielleicht haben die Schattenseiten uns sogar erst zu dem gemacht, was wir heute sind. Und damit - auch wenn vielleicht jemand anderer Meinung ist - können wir sehr zufrieden sein.

Für uns ist jeder Tag hier ein Fest. Denn hier haben wir die Zeit, darüber nachzudenken, was uns das Leben gebracht hat, gerade bringt, und vielleicht noch bringen wird. Hier können wir das Glück begreifen, das wir hatten und haben, ja, hier wird uns wieder einmal richtig bewusst, was Glück für uns bedeutet. Einfach so einen schönen Tag genießen, den Vögeln zuschauen, das Spiel der Wolken verfolgen. An einem Regentag dem Fluss des Wassers zuschauen, dem Donnergrollen lauschen. Neue Menschen kennenlernen, Einblick in ihren Alltag erhalten, in ihre Kultur hineinschnuppern. Auf der einen Seite sehen, was wir lernen können, auf der anderen Seite genießen, dass wir nicht alles genauso machen und haben müssen. Spüren, dass wir noch nicht "verzivilisiert" sind, dass wir verzichten können, Ansprüche herunterschrauben, ohne an Lebensqualität zu verlieren. Das macht uns glücklich. Das werden wir mitnehmen. Egal, wie lange diese Auszeit noch dauert.

Dieser Tage hat uns ein Freund gefragt, ob wir denn wenigstens ein bisschen Heimweh haben. Ich hoffe, ihn nicht zu enttäuschen, wenn ich sage: Nein, wir haben kein Heimweh. Aber klar. Wir vermissen unsere Freunde, wir denken manchmal an ein paar liebgewordene Gewohnheiten und Bequemlichkeiten. Jedoch - das tun wir unabhängig vom Platz, an dem sie sich befinden. Wie singt Grönemeyer: Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl. Da hat er recht. Wenn ihr alle in Bitterfeld wohnen würdet oder auf dem Mond (gibt es da eigentlich inzwischen einen Unterschied?), dann würden wir uns auch freuen, dorthin zurückzukommen. Ja, es ist sicher auch die Heimatstadt, die einem das Gefühl gibt, Zuhause zu sein. Aber es gibt viele schöne Orte, an denen man sich Zuhause fühlen kann. Am Ende sind es immer die Menschen, die Dir fehlen. Oder halt auch nicht. So ein Jahr Auszeit ist eine gute Möglichkeit, herauszufinden, wer zu welcher Kategorie gehört.

Es ist schön zu wissen, dass es auch wirklich gute Gründe gibt, sich wieder auf Arnstadt zu freuen. Wie die erwähnten Menschen, die wir vermissen. Ein Ründchen auf der Alteburg drehen, schwimmen, Volleyball, tauchen, wandern und feiern mit den Tauchern (was sind die vielseitig), Schnattern über Gott und die Welt mit den Kolleginnen und Kollegen. In der Freundschaft beim Bernd eine Schnitzelpfanne essen - gut, bei Heike ist es eher die Sülze. Den Grill anwerfen und mit Rainer und Manu 'nen Schluck Whisky trinken. Ralfs und Karinas grünen Daumen bewundern und, und, und - ach so, Reihenfolge ist keine Rangfolge, ich übernehme keine Garantie für die Vollständigkeit dieser Aufzählung ;-)

Gut, wir haben gelernt, dass man ganz sicher auch alt werden kann, ohne zu arbeiten. Aber es wäre wohl extrem langweilig auf Dauer. Unermesslich reich sein ist bestimmt schön, aber ich bin absolut sicher: Sich die Verwirklichung von Träumen zu erarbeiten erhöht deutlich den Genuss, wenn man sie denn irgendwann in die Realität umsetzt. Was also bedeutet, dass wir, so schwer es uns fallen wird, auch wieder an die Arbeit kommen werden.

Aber das ist nun tatsächlich noch Ewigkeiten entfernt. Und das ist gut so. Weil es hier draußen in der Welt nämlich noch so unendlich viel zu erleben und zu entdecken gibt. Und weil man so eine Chance, wie wir sie bekommen haben, wohl nur einmal im Leben bekommt. Insofern müsst ihr also noch ein bisschen auf uns verzichten (falls euch das nicht ohnehin leicht fällt), könnt, wenn ihr wollt, unsere Auszeit auf diesen Seiten noch ein wenig begleiten und hier auch sicher weitere Unverschämtheiten dieses kleinen gelben vorlauten Kerls lesen, der sich, so seid versichert, hier auch bärig wohl fühlt.

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