Ziegen, die auf dem Bahnhof in Moshi grasen |
Nachdem ich nun schon die Wirrungen bei der Jagd nach dem
Fahrzeugscheins unseres Autos beschrieben habe, ist es höchste Zeit, auch mal
etwas darüber zu schreiben, wie man hier so durchs Land kommt. Da ist zum einen
die Feststellung, dass es zwar eine Bahnstrecke "vor unserer Haustür" gibt, die von Dar es Salaam über
Moshi bis Arusha und sogar weiter nach Kenia führt. Die Gleise, holprige Bahnübergänge und zu Weiden verkommene Bahnhöfe sind aber das einzige, was
daran erinnert, dass hier mal Züge fuhren.
Dann gibt es ein gar nicht mal so schlecht ausgebautes, aber
auch recht preisintensives Inland-Flugsystem. Für Ausländer sind da für die
kürzeren Verbindungen von bis zu 300 Kilometern schnell mal 150 Dollar für eine
Strecke fällig. Einheimische kostet das ungefähr ein Drittel – im Normalfall
weit jenseits aller finanziellen Möglichkeiten. So werden die Inlandsflieger
hauptsächlich von Ausländern mit einem Resident-Visum genutzt, die damit
wirklich schnell und preiswert durch das Land kommen.
Autofahren ist nicht nur wegen der Löwen gefährlich |
Begüterte Einheimische leisten sich den Luxus eines privaten
Autos. Das ist an sich gar nicht so teuer, wenn man es auf Deutschland überträgt.
Für unseren Pajero werden im Jahr etwa 135 Euro für Steuer und Versicherung
fällig. Nun ist das für hiesige Verhältnisse aber schon ein ordentlicher Haufen
Geld, wenn man bedenkt, dass hier Monatsverdienste für geregelte Arbeit
ungefähr bei 40 Euro anfangen. Schaut man dann aber noch, dass für Diesel und
Benzin pro Liter mehr als ein Euro hinzulegen sind, dann versteht man, warum
zwischen den Städten meist nur Busse und Lkw, Safari-Jeeps und ein paar
Individualfahrzeuge unterwegs sind. Das muss man sich mal vorstellen – ein Monatsverdienst,
der nicht einmal für eine Tankfüllung reicht! Das verhindert nicht, dass es zum
Beispiel in Arusha jeden Tag fette Staus gibt. In den Städten ist da schon mehr
los.
Überlandbusse sind schnell |
An den Linksverkehr gewöhnt man sich schnell, überraschender
ist immer wieder, dass man außerorts auch mal von Lkw oder Bussen bedrängt und
überholt wird. Manchmal stehen in jedem Ort Polizisten, immer mal wieder auch
mit Laserpistolen. Oft holen sie sich die Lkw und Busse raus, warum auch immer.
Wir mussten mal den Führerschein zeigen, ein anderes Mal wurden die
Straßenlizenz, der Feuerlöscher und die beiden Warndreiecke kontrolliert.
Einmal musste ich 15 Euro für zu schnelles Fahren bezahlen. Was in dem Fall
stimmte. Man hört aber auch immer wieder von falschen Anschuldigungen mit alten
Daten. Zumindest waren die Polizisten bisher immer freundlich. Einmal mussten
wir zwei ein Stück mitnehmen, die Polizei hat hier das Recht, in jedem Auto
mitzufahren. Viele Einheimische wissen das gar nicht, weil es sie nicht
betrifft. Denn einfach so durch das Land zu reisen, wie es zum Beispiel in
Europa üblich ist, das macht man hier mit dem Auto nicht.
Mit diesem Bus kamen wir heil von Dar nach Moshi |
Dafür gibt es Busse. Und ihre kleinen Brüder, die man hier Dalla-Dalla
nennt. Bei den Bussen unterscheidet man solche für die langen
Überlandverbindungen, die vor zehn oder 15 Jahren mal modern waren, aber immer
noch ihre Dienste tun. Die sichersten Unternehmen für Fahrten von Dar es Salaam
nach Moshi sind derzeit Kilimanjaro Express und Dar Express. Es gibt aber auch
viele kleinere Anbieter. Die sieht man dann immer mal beim Reifenwechsel
unterwegs oder auch umgekippt am Straßenrand. Was nicht heißt, dass das bei den
„Großen“ nicht auch mal passiert. Aber eben seltener. Zudem haben wir den
Eindruck, dass die Busfahrer der „guten“ Anbieter nicht ganz solche
Kamikaze-Piloten sind wie die anderen. Ist schon krass, wenn an einer Bergkuppe
plötzlich ein riesiger Bus wenige Meter vor Dir auf Deiner Seite auftaucht,
weil er gerade einen Lkw überholt.
Die Busse fahren bei Straßenschäden auch mal länger rechts |
Der große Vorteil der langen Linien ist der, dass nur so
viele Tickets verkauft werden dürfen, wir der Bus Sitze hat. Das ist bei
Fahrten von acht bis zehn Stunden schon ganz angenehm. Das heißt zwar nicht,
dass sich das Buspersonal noch ein paar Schilling dazu verdient, indem es
unterwegs immer mal wieder ein paar Leute für kurze Abschnitte mitnimmt. Aber
die stehen einem wenigstens nicht auf den Füßen oder hängen einem ausladende
Vorbauten ins Gesicht. Ein weiterer Vorteil – diese Busse haben wenigstens
einen Fahrplan, der sogar weitgehend eingehalten wird.
Gute Wünsche - etwas gealtert |
Damit sind wir schon bei den Bussen für die kürzeren
Verbindungen. Das sind meist Fahrzeuge mit um die 30 Sitzplätzen (inklusive der
Notsitze im Gang). Die stehen in den Städten an den Busbahnhöfen und warten auf
Fahrgäste. Das sieht so aus, dass jeder, der in die Nähe kommt, nach seinem
Ziel gefragt und bei Übereinstimmung in den Bus delegiert wird. Wenn er sich
nicht wehrt. Kommt mal kein potenzielles Opfer, brüllen die Werber, meist drei
bis fünf Leute, lautstark das Ziel des Busses und schlagen an seine Karosse,
das man glaubt, sie wollen den vielen Beulen noch ein paar hinzufügen.
Am Anfang ist es noch leer |
Als wir von Moshi nach Arusha gefahren sind, waren vor uns
etwa 10 Leute im Bus. Immer mal wieder stieg einer aus und in einen anderen Bus
ein, der dann früher losfuhr. Eine Dreiviertelstunde dauerte es, bis der letzte
Platz besetzt war, die Werber einstiegen und der Bus sich in Bewegung setzte. Noch
vor der Ausfahrt aus dem Busbahnhof kamen drei weitere Fahrgäste hinzu, die
sich im Einstiegsbereich drängelten. Insgesamt luden wir in den folgenden
Minuten noch acht Frauen und Männer ein. Wir hatten uns wegen der größeren
Beinfreiheit und der Sicht nach vorne gesetzt, was sich als Fehler
herausstellte. Wir hatten nämlich weder Beinfreiheit noch konnten wir auch nur
das kleinste bisschen nach vorne sehen.
Kuscheln ist im Bus angesagt |
Nach einer halben Stunde drehte sich einer der Stehenden zu
den Fahrgästen und pries laut brüllend Aloe-Vera-Creme, Zahnbürsten und Seife
an. Er verkaufte sogar was. Dann drehte sich der nächste und forderte laut
brüllend das Fahrgeld. 1,25 Euro waren für die 80 Kilometer fällig. Na ja – nach
knapp zwei Stunden hatten wir die Tort(o)ur überstanden. Auf der Rückfahrt gab
es dann die gleiche Prozedur mit geringen Unterschieden. Hier saßen wir weiter
hinten, was in Sachen Beinfreiheit wenig brachte. Dafür drängelten sich in den
mit vier Plätzen inklusive Klappsitz bestückten Reihen jeweils fünf Fahrgäste –
nicht die schmalsten, muss dazu gesagt werden. Insgesamt waren in dem für 28
Personen ausgewiesenen Bus 43 Fahrgäste und der Busfahrer. Diesmal gab es im
Angebot auch Karotten-Hautcreme, die immerhin vier Abnehmer fand. Nun – wir haben
es überlebt. Und uns gesagt, dass wir Strecken von mehreren hundert Kilometern
so nicht zurücklegen wollen. Eigentlich auch keine kürzeren.
Unfälle wie diesen sieht man unterwegs immer mal wieder |
Für die Kurzstrecken, durchaus aber auch für
Mehr-Stunden-Torturen, nimmt man hier ein Dalla-Dalla (auch Dalladalla,
Daladala oder Dala-Dala geschrieben). Das sind Kleinbusse, die auf festgelegten
Strecken unterwegs sind, ebenso wie die großen warten, bis sie voll sind, dann
aber auch unterwegs noch jeden mitnehmen, der irgendwie reinpasst. Und wenn
nicht rein, dann bleibt halt die Tür offen und es hängen zwei, drei Fahrgäste
draußen dran. Wir haben auch schon einen gesehen, da standen drei Leute hinten
auf der Stoßstange. Dazu wird in, an und auf den Dalla-Dallas alles
transportiert, was passt. Sprich Säcke, Kanister, Hühner, Ziegen, Taschen,
Koffer… Ist schon krass. Die Fahrt kostet in der Stadt ab 10 Cent, außerhalb
für Strecken bis 25 Kilometer um die 50 Cent. Blöderweise stelle ich gerade fest, noch keins dieser Gefährte fotografiert zu haben :-(
Das Problem ist, dass die völlig überladenen Kleinbusse
häufig Pannen und gar nicht so selten auch Unfälle haben. Zwei Gäste hier im
Rose Home, Eva und Michael (liebe Grüße), haben solch einen Unfall direkt vor
ihren Augen erlebt. Während ihrer Versuche, die Leute aus dem Bus zu holen,
wurde Eva aus der Tasche noch die Uhr geklaut. Das ist ein Grund, warum hier
viele nicht helfen. Traurig, aber nachvollziehbar. Zumal bei blutigen Unfällen
ja auch noch die Aids-Gefahr nicht zu vernachlässigen ist.
Staub auf einer Überlandpiste |
Staub aber auch in der Stadt |
Was die Straßen angeht, auf denen sich das alltägliche Chaos
abspielt, so verdienen sie den Namen meist nicht. Von knapp 90.000 Straßenkilometern
in Tansania sind nur um die 4000 befestigt. Der Rest sind mehr oder weniger
holprige Pisten, die in der großen Regenzeit zuweilen nur sehr eingeschränkt
oder gar nicht passierbar sein können. Reifenschäden sind hier die häufigsten
Probleme, gleich gefolgt von allem, was Dämpfung und Federung angeht. Öl und
Sprit sind nicht sehr sauber, so dass alle 3500 Kilometer Filterwechsel nötig
werden. Dazu kommt der Staub, den man hier aufwirbelt und der die Luftfilter
(und die Lungen derer am Straßenrand) verstopft. Unterwegs sein ist hier also
kein uneingeschränktes Vergnügen. Aber man kommt rum und hat was zu erzählen.
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