Donnerstag, 10. Juli 2008

Kaffee Togo

Kaffee to go ist neudeutsch – Kaffee zum Mitnehmen. Für uns nicht. Hören wir Kaffee to go, dann denken wir an Kaffee Togo. Der ist eine interessante Mischung aus Nescafé-Granulat, Ovaltine-Pulver und Trockenmilch. Die mit heißem Wasser übergossen und verrührt ist Kaffee Togo. Oder ganz genau: Kaffee a la Elee. Getrunken wird der in Lomé, Hauptstadt von Togo, Westafrika. In einer ehemaligen deutschen Musterkolonie, in der man auch heute, 90 Jahre nach dem Ende der kaiserlichen Zuständigkeit, am Strand stolz von Einheimischen auf die Reste der Landungsbrücke aufmerksam gemacht wird. Die fällt zwar langsam in sich zusammen, aber immerhin – sie steht noch. Und ist somit Beispiel deutscher Wertarbeit, wie sie hier im viertkleinsten Land Afrikas an vielen Stellen – auch von jüngeren Einheimischen – anerkennend gewürdigt wird.


Der gute Ruf der Deutschen hier am Atlantik zwischen Ghana und Benin liegt aber nicht nur an kolonialen Überbleibseln wie weiten Teilen der Infrastruktur, sondern auch an der Arbeit des Goethe-Institutes. Die hat uns, zugegeben ziemlich indirekt, an die westafrikanische Küste gebracht, ungeachtet der Tatsache, dass wir des Französischen gnadenlos unkundig sind. Aber wir haben ja Elee. Der macht nicht nur einen ganz besonderen Kaffee, sondern ist Deutschlehrer an einem evangelischen Gymnasium, unterrichtet auch am Goetheinstitut und war im vergangenen Jahr als Teil eines Austauschprogramms der wohl besten deutschsprachigen Außenwerbeabteilung, nämlich eben dieses Goetheinstitutes, zwei Wochen lang unser Gast in Deutschland. Wenig Zeit, ihm unsere Heimat zu zeigen, aber Zeit genug, um Freunde zu werden.

Kurzentschlossen hatten wir damals den Gegenbesuch versprochen, baldmöglichst einen Termin geplant, Flüge gebucht und uns dann an einem regnerischen Ferientag mit Air France von Leipzig über Paris nach Lomé aufgemacht. Zwei Stunden Verzögerung in Frankreichs Hauptstadt hatten geholfen, dass unser Gepäck trotz eines äußerst knappen Umsteigefensters den Weg ins gleiche Flugzeug wie wir schaffte. Das merkten wir allerdings erst gut eine Stunde nach dem Aussteigen, als unsere Koffer aus dem letztmöglichen Container den Weg auf das Band fanden. Ins Schwitzen kamen wir da allerdings weniger wegen des Gedankens, dass das Gepäck möglicherweise erst zwei Tage nach uns Afrika erreichen könnte, sondern mehr wegen der mit hoher Luftfeuchtigkeit verbundenen 26 Grad, die sich im engen Gedränge beim Koffererspähen locker doppelt so warm anfühlten. Das spielte allerdings keine Rolle mehr, als wir den Zoll passierten und Elee in die Arme schließen konnten. Zehn Minuten und einige Anfragen wegen privater Spenden später hatten wir uns und unser Gepäck in den Toyota bugsiert, der samt Fahrer Mensa für die nächste Woche unsere Mobilität garantieren sollte. Einen Fahrer mit Auto zu mieten ist hier nicht nur deutlich billiger als einen Mietwagen zu nutzen, sondern auch nervenschonender. Aufgrund unserer Verspätung hatte die Sonne bereits Feierabend. Weder die Straßenbeleuchtung noch die Beschilderung hätten dazu beigetragen, dass wir hier mit eigenen Chauffeurskünsten den Weg zu unserem Ziel gefunden hätten – der Straßenzustand schon gar nicht. Es war noch ganz schön was los unterwegs, reichlich Verkaufsstände neben und ungewohnter Trubel am Rand der Fahrbahn. Um 9 Uhr klappt man nämlich in Lomé nicht Bürgersteige hoch, nein, man – oder besser Frau – kehrt die Straße. Wie mit kleinen Besen große Staubwolken aufzuwirbeln sind, das kann hier in Perfektion erlebt werden. Rekordverdächtige Schlaglöcher, Bodenwellen von faszinierenden Ausmaßen und ein wuselnder Zweiradverkehr ließen uns die 30-minütige Fahrt in der Gewissheit genießen, mit Elee einen ausgezeichneten Ratgeber an unserer Seite zu haben, der uns diese Art des Fortkommens empfohlen hatte. Auch wenn die ziemlich altersschwachen Stoßdämpfer unseres Gefährtes sehr unter der Last von sieben Personen (Elees Kinder Geraldo, 7, und Elodie, 4, hatten uns mit abgeholt) und etwa 100 Kilo Gepäck zu leiden hatten, kamen wir heil in unserer Wohnung an. Schnell die Sachen ausgeladen, schon ging es weiter unserem Freund und Gastgeber, der nicht weit von unserem Quartier mit seiner Frau Delphine und den Kindern zwei Zimmer – in einer Art togolesischer Wohngemeinschaft – bewohnt.


Die ohnehin schon ungewohnte Enge wurde noch verschärft durch die Tatsache, dass Elees Mama und ihre Schwester, zwei Cousinen, Nichten, Neffen und vor allem Elees Bruder Roger mit seiner ihm an diesem Tage angetrauten Frau samt Kindern unsere Ankunft zu einem bewegenden Ereignis machten. Spätestens diese Herzlichkeit zu später Stunde machte uns klar, dass wir hier außergewöhnliche und unvergessliche Tage erleben werden. Ausgezeichnet war schon das Begrüßungsmahl aus Reis, Gemüse, Fisch und einer gekochten Zwiebel-Tomaten-Mischung, die unsere leichten Ernährungssorgen kurzerhand aus der Welt schafften.



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