Samstag, 9. Juni 2012

Die schöne Welt des Nichtstuns

Vor lauter Nichtstun haben wir hier gar keine Zeit für irgendetwas anderes. So könnte das Fazit der ersten Tage lauten. Allerdings haben wir, wenn ich mir so meine Aufzeichnungen anschaue, doch so einiges gemacht und erlebt. Nur nach Online-Kommunikation stand mir nicht der Sinn. Auch, weil die Verbindung hier immer wieder gemacht hat, was sie will. Jetzt scheine ich aber eine stabile Einstellung gefunden zu haben. Also hier mal wieder ein Lebenszeichen von uns.

Wir befinden uns mitten im tansanischen Winter. Lacht nicht. Das ist traurige Realität. Ihr glaubt gar nicht, wie kalt sich 20 Grad anfühlen können. Jetzt sind es 25,8 - mir fröstelt es und Heike hat eine (dünne) Jacke übergeworfen. Und das noch nicht wegen der Mücken, die uns mit der bald einsetzenden Dämmerung wieder auf den Geist gehen werden. Stiche sind da einfach nicht zu umgehen, will man nicht schon zu früher Stunde unter das Moskitonetz des Bettes flüchten. Und selbst da hat sich schon zwei Mal so ein sirrendes Mistvieh eingeschlichen.

Die Tage sind hier tatsächlich gleich lang, aber unterschiedlich breit. Will heißen, so halb 7 ist es morgens hell, und ab halb 7 abends wird es (recht schnell) dunkel. Dazwischen ist man je nach Aktivität und Sonneneinstrahlung mehr oder weniger breit. Bisher haben wir uns da allerdings noch sehr zurückgehalten. Klar sind wir eigentlich jeden Tag mal im Städtchen, aber immer schön polepole, also langsam. Apropos polepole - nach den ersten zwei Unterrichtsstunden schwant mir, dass Swahili und ich nicht die besten Freunde werden. Aber immerhin kann ich schon ein paar der zahlreichen Begrüßungsformeln und ein paar wichtige Wörter, mit denen man sich allzu aufdringliche Nervsäcke - die man hier Flycatcher nennt - vom Leibe hält.

Klappt nicht immer, aber wenigstens überhaupt. Es ist schon anstrengend, wenn man unterwegs von einem Burschen begleitet wird, der einen unbedingt ins nächste Café zerren will. Kaum ist man den los, kommt einer, der einem eine Kilitour oder eine Safari aufschwatzen möchte, und dann ein anderer, der sich einfach nur mal so unterhalten will - und dann doch irgendwas zu verkaufen hat. Momentan sind noch relativ wenig Touris hier, da ist die Nervfrequenz für die paar Weißen doppelt so hoch.

Unseren Lieblingssupermarkt haben wir mit "Aleems" schon gefunden. Dort haben wir vor drei Jahren schon einmal Drostdy Hof - einen leckeren südafrikanischen Wein - gekauft. Der steht jetzt auch in unserem Zimmerchen und schmeckt uns zur abendlichen Würfel- und Kartenrunde. Ist lecker, gar kein Vergleich zu dem Whisky, den wir vor zwei Tagen probiert haben. Aber was will man bei 1,25 Euro für 0,2 Liter schon verlangen :-)

Ansonsten ist es hier aber alles andere als billig. Milchprodukte kosten mindestens das Dreifache wie in Deutschland, auch die meisten anderen Lebensmittel sind teurer als gewohnt. Über die Eintritte für die Nationalparks darf man gar nicht nachdenken. Lediglich öffentlicher Transport ist sehr billig, Die Gaststättenpreise sind meist noch deutlich günstiger als in unserer Stammgartenkneipe Freundschaft. Benzin kostet einen Euro, wer sich das hier leisten kann, muss schon ein Gutverdiener sein. Bei 75 Euro Monatsverdienst geht es hier los.

Inzwischen haben wir auch unser Zimmer eingerichtet, noch ein kleines Regal gekauft, und fühlen uns auf den 12 Quadratmetern sehr wohl. Auf unserer kleinen Terasse steht ein Tisch mit zwei Plastestühlen, für die wir drin ohnehin keinen Platz hätten. Hier sitzen wir, schauen den Vögeln und Eichhörnchen zu und genießen das Leben. Es geht uns gut - und es fühlt sich alles richtig an.


2 Kommentare:

  1. Wir,Rainer, Manu, Ralf und Karina sitzen hier bei ganz leckeren Thomas Whiskey und Wein aus eurem Keller genießen wir das langweilige Fußballspiel und trinken auf abwesende Freunde. In der 53 Minute steht es noch immer 0:0. Darauf werden wir noch eine Flasche Wein leeren.
    Ralf enhält sich der Stimme und Rainer prostet euch zu.

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  2. Wie jetzt? Ihr sauft unseren Weinkeller leer? So ungerecht ist die Welt. Nachdem hier gestern Abend das zehnte Mal die Hauptsicherung durchgeflogen ist, hat sie keiner mehr angeschaltet. Will heißen, aber der 23. Minute haben wir vom Spiel nichts mehr mitbekommen. Wenngleich Fußball im arabischen Fernsehen alles andere als ein Genuss ist. Zumal bei so einem Gekicke. Na, wenigstens haben die richtigen gewonnen. Und wir hatten immerhin auch einen leckeren Rotwein, den wir auf euch getrunken haben.

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