Mittwoch, 29. August 2012

Abenteuer Ruanda - 3. Station Kigali

Wir haben heute den Sinn von Pinkelpausen begriffen, eine Grenze und eine Zeitzone überquert, waren ein paar Minuten illegal ausgereist, haben freundliche und vor allem sehr hilfsbereite Ruandaer getroffen, verstehen die Welt nicht mehr, verehren das Goethe-Institut noch mehr als bisher, finden Österreicher klasse und sind jetzt froh, im Hotel zu sein. Das ist allerdings in Kigali und nicht in Musanze. Warum? Das erfahrt ihr hier. Okay - es ist viel zu lesen. Aber wir haben auch echt viel erlebt heute.

Ladestation im Hotelzimmer
Es fing alles so schön an heute morgen. Wir hatten sehr gut geschlafen, alle technischen Geräte waren wieder voll geladen, das Frühstücksbuffet - zwar einfach, aber völlig ausreichend - wartete schon auf uns und war sogar in den 25.000 Schilling inbegriffen. Das Auto war schnell beladen, die Polizeikontrolle nach fünf Kilometern mit dem Zeigen des Internationalen Führerscheins schnell beendet, und die neue Piste konnten wir bis fast zur Kreuzung mit der Straße nach Ruanda benutzen. Selbst die schlimmen Löcher, die Teile der Verbindung zur Grenze nach Rusumo prägen, und den einen größeren Baustellenabschnitt haben wir ohne Schäden überstanden.

Idyllisches Plätzchen
Kühlwasser auffüllen
So etwa 10 Kilometer vor dem Grenzübergang sah ich im Vorbeihuschen einen netten See mit einem Fischerboot darauf. Da ich ohnehin das Gefühl hatte, dass es eine gute Zeit dafür sei, den Morgenkaffee wegzubringen, drehten wir, Heike machte das Foto und wir hielten an einem kleinen Weg. Als ich wieder einsteigen wollte meinte Heike, dass da irgendwas komisch klinge. In der Tat, es blubberte. Und qualmte an ihrer Tür. Ein Blick in den Motorraum zeigte ein kochendes Ausdehnungsgefäß des Kühlers. Geduldig warteten wir, bis wir den Kühler öffnen, den Dampf entweichen und Wasser nachfüllen konnten, das wir glücklicherweise in Form von drei Zehn-Liter-Ballons mit uns führten.

Den Hitze-Anzeiger fest im Blick, der sich aber dem Heiß-Bereich keinen Millimeter annäherte, fuhren wir dem Grenzübergang entgegen. Die drei Lkw, die da standen, nahmen wir nicht ernst und fuhren erst einmal vorbei. Als die Straße aber aufhörte, eine solche zu sein, und hinunter zum Fluss führte, drehten wir und wunderten uns, dass hier wirklich so wenig los war. Das hatte sich in manchen Internet-Berichten anders gelesen. Wir wurden kurz darauf durch die Schranke gewunken und fuhren zwischen den rechts und links stehenden Lkw nach unten, um schließlich vor der Brücke zu stehen, die Tansania von Ruanda trennt.

Auch hier war alles frei, also fuhren wir hinüber und waren ratz-batz in Ruanda. Allerdings fiel dem Grenzbeamten, dem wir unsere Einreisepapiere geben wollten, auf, dass wir gar keinen Ausreisestempel aus Tansania hatten. Hmm, also zurück. Nur wollte uns die Uniformierte am Schlagbaum nicht hinüber fahren lassen, weil wir ja weder einen Ein- noch einen Ausreisestempel aus Ruanda hatten. Schließlich konnte ich ihr klar machen, dass wir erst einreisen können, wenn wir den tansanischen Stempel haben, und erst ausreisen wollen, nachdem wir eingereist waren. Also fragte sie noch einmal ihren Chef, dem erklärte ich das noch einmal - und siehe da, wir durften wieder zurück nach Tansania.

Der Wasserfall direkt an der Grenzbrücke
Dort war die Grenzbeamtin erst ein wenig grummelig, als wir ihr aber erzählten, dass wir derzeit in Moshi wohnen, war sie total freundlich und locker, denn dort stammt sie her. Wie der Blitz hatten wir unseren Stempel und fuhren nun offiziell aus Tansania raus und nach Ruanda rein. Die Einreisestempel bekamen wir genauso schnell. Und dann erlaubte mir die Schlagbaum-Bewacherin sogar, dass wir zu Fuß noch einmal auf die Brücke durften und ein Bild von den Rusumo-Wasserfällen machen konnten. Das ist in sofern beachtlich, weil es sich um eine Grenze handelt, noch dazu eine Brücke, und beides darf man hier eigentlich nicht fotografieren. Zum einen sind die Fälle aber von diesem exklusiven Platz absolut sehenswert, zum anderen ist es mit dem Kagera immerhin einer der beiden Nil-Quellflüsse, der hier tosend über Kaskaden hinunter fließt. Er ergießt sich später in den Victoriasee.

Bananenstauden prägen das Bild
In der Region wird viel Reis angebaut
Dass wir nebenbei mit dem Grenzübertritt eine Stunde Zeit geschenkt bekamen (und jetzt zwischenzeitlich wieder mal deutsche (Sommer-)Zeit haben), sollte sich später noch als gut herausstellen. Nach der Grenze änderte sich das Bild erst einmal total. Waren in Tansania Dörfer nur noch weit gestreut, fährt man in Ruanda ersteinmal quasi ununterbrochen von Ort zu Ort. Bis zu knapp 2000 Meter hoch schlängelt sich die Straße im Land der 1000 Hügel, Unzählige Bananenpflanzen säumen die Straße, in den Tal-Ebenen wird Reis angebaut, und Unmengen von Fußgängern und Radfahrern sind unterwegs. Sie holen Wasser, schleppen Bananenstauden, Baumaterial und andere Dinge durch die Gegend. Es ist alles sehr lebendig hier. In Rwamagana fanden wir endlich einen funktionierenden Geldautomaten, sahen ein paar Teilnehmer eines Straßenradrennens - und mussten feststellen, dass unser Pajero kein Gas mehr geben wollte.

Der erste Blick galt dem Hitze-Anzeiger. Waagerecht. Sah gut aus. Motorhaube auf, Kühler auf. Ziemlich leer. Wasser rein. Gas geben. Ging wieder. Trotzdem fragten wir uns nach einer Werkstatt durch. Dort öffnete der Chef das Auto, innerhalb von Sekunden standen 16 Leute - in Buchstaben sechzehn - neben und vor dem Auto. "Sieht sehr anders aus als andere", sagte ein Lehrling mit Kennerblick. Immerhin sprach er halbwegs Englisch. Der Chef ein bisschen. Der Rest nicht. Nicht einmal französisch. Nicht, dass uns das was genutzt hätte. Wir sprechen es schließlich auch nicht. Aber nein, hier spricht man in erster Linie Kinyarwanda. Ist grammatikalisch noch komplizierter als Kiswahili.

Jedenfalls vermuteten die Mechaniker zuerst den Klimaanlagen-Ventilator als Ursache, weil der ging ja nicht, da die Klimaanlage aus war. Dann fanden sie vier defekte Sicherungen, aber die änderten auch nichts am Problem. Als ich den Chef darauf hinwies, dass unter dem Auto Wasser heraustropfe, stellte er fest, dass wohl die Wasserpumpe defekt sei. Die, so sagte er, könne er nicht reparieren, dazu müssten wir nach Kigali, gut 60 Kilometer entfernt. Er nannte uns auch eine Werkstatt, die Beschreibung derer Adresse fiel aber aufgrund der Sprachschwierigkeiten dürftig aus. Für Sicherungen und Arbeitszeit wollte der gute Mann nur 7 Euro. Wir gaben ihm 10 und er schien sehr zufrieden.

Kühlwasser fassen in der Werkstatt vor der Weiterfahrt
Wir füllten schnell alle möglichen Gefäße sowie den Kühler mit Wasser und fuhren mit den besten Wünschen und dem Hinweis weiter, exakt auf den Hitze-Anzeiger zu achten. Der nämlich, so wurde mir bedeutet, sei normalerweise nicht waagerecht. Man muss sich an einer Uhr vorstellen, dass eine Minute vor Dreiviertel "gut" ist. Dreiviertel aber schon "sehr schlecht". Also fuhren wir vorsichtig und mehrfach Wasser nachfüllend, wann immer es ging rollend und etwas geknickt nach Kigali. 

Der erste Polizist hier konnte mit der Ortsbeschreibung gar nichts anfangen. Der sprach zwar immerhin auch französisch - aber siehe oben. Ich fand die beiden erwähnten Kreisel allein und am zweiten bestätigte mir ein weiterer Polizist, auf dem richtigen Weg zu sein. Heikes Hinweis auf ein Schild ließ uns rechts abbiegen. Wir stellten dann zwar fest, dass der Name nur so ähnlich war wie die Werkstatt heißen sollte, aber ich erspähte einen Wegweiser zum Goethe-Institut. Da wir das als besten Botschafter und Werbeträger Deutschlands kennen, setzten wir unsere Hoffnungen darauf.

Ein "Hoch" auf das Goethe-Institut, Retter in der Not.
Und wurden nicht enttäuscht. Der Direktor, Dr. Peter Stepan, war nicht nur sehr gastfreundlich, sondern auch sehr kundig (nochmals herzlichen Dank für die Hilfe). Er empfahl uns einen Österreicher, der in der Nähe der Internationalen Schule eine Werkstatt hat, als Alternative, und gab uns noch den Ratschlag, ein Motorradtaxi vor uns herfahren zu lassen, weil der Weg schwer zu beschreiben war. Nach acht vergeblichen Versuchen, einen Fahrer zu finden, der wusste, wo die Schule ist, hielt ich dann doch ein (teureres) Pkw-Taxi an. Der Fahrer kannte sich besser aus und brachte uns, mitten in einem aufziehenden und losbrechenden heftigen Tropengewitter, zur Werkstatt.

In der Werkstatt des Österreichers Armin Weikl
Die gehört mit Armin Weikl wie schon erwähnt einem Österreicher, der uns freundlich empfing und uns bestätigte, dass die Wasserpumpe defekt sei. Er meint, die bis morgen früh besorgen und bis Mittag einbauen zu können, so dass wir dann mit einem Tag Verspätung in Musanze eintreffen könnten. So 150 bis 180 Dollar werde das Teil sicher kosten, mal schauen, was da zusammen kommt. Jedenfalls fuhr uns dann - noch vor Einbruch der Dunkelheit - einer seiner Mitarbeiter wieder zum Goetheinstitut. Und zwar mit einem Taxi, dessen Fahrer keine Ahnung hatte, wo das sein könnte, der aber dennoch nicht etwa mitfuhr, sondern in der Werkstatt wartete. Im Institut angekommen meldete uns Dr. Stepan in der Golf Hills Residence an, wo wir die Nacht für hiesige Verhältnisse mit gut 50 Euro fürs Zimmer preiswert, aber wirklich gut übernachten können. 

Die heiße Dusche brachte uns erstmal in Schwung, das gute Essen, wir hatten beide Fisch zum Dinner, die Energie zurück. Und der Gin den Optimismus, dass alles gut gehen wird mit unserem lieben kleinen Auto. Also allen, die uns heute geholfen haben, ein riesiges Dankeschön. Ein Grund mehr für uns, Afrika zu lieben.

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