Freitag, 31. Mai 2013

PS - Pooh Scriptum (6)

BÄRGSTEIGER
Das glaubt er doch wohl selbst nicht, dieser Mensch. Dass ich ihm das letzte Wort nach diesem Jahr überlasse. Schön für ihn und seine Menschin, dass ihnen die Auszeit in Afrika so gut gefallen hat. Aber mich fragt wieder mal keiner. Ich bin ja nur der kleine Kerl, der im Rucksack und manchmal sogar in der engen Hosentasche mitgeschleppt wird. Der wilden Tieren in die Augen blicken muss. Den keiner fragt, ob es ihm in seinem Pelz in Afrika vielleicht zu heiß ist. Oder mit seinem kurzen Hemdchen auf dem Kilimanjaro zu kalt. Der schwindelerregende Abgründe überqueren muss. Ins Meer taucht. Ständig fotografiert wird. Eigentlich wäre das ja ein Fall für Bärnesty International - wenn ich nicht so unglaublichen Spaß daran gehabt hätte. Nun liegt das Jahr hinter uns. Aber das ist nicht schlimm. Was vorbei ist, ist vorbei. Was jetzt passiert, können wir eh nicht ändern. Also lasst uns nach vorne schauen und weiter Spaß am Leben haben.

Aber heute ist noch einmal Gelegenheit, zurückzublicken. Und einmal, nachdem ich so oft über ihn gelästert habe, auch ein paar gute Worte über meinen Menschen zu sagen. Immerhin hat er uns etwa 13.000 Kilometer unfallfrei durch Afrika gelenkt, unvergessliche Reisen organisiert und, was aus meiner Sicht die höchste Leistung ist, er hat mich nicht verloren. Dabei war er manchmal schon ganz schön schusselig. Wird halt auch langsam älter. Aber alles in allem hat er sich gut gehalten. Bis auf die Ausdehnung seiner Körpermitte ... aber ich wollte ja nicht lästern.

SILBÄRRÜCKEN
KAFFEEPOOHNEN
Auf jeden Fall hat er ganz sicher einiges gelernt. Wenn auch nicht nur so intellektuelles Zeug wie er in seinem Beitrag geschrieben hat. Zum Beispiel, dass KIA nicht nur eine Automarke, sondern die Bezeichnung des Kilimanjaro Airports ist. Dass die afrikanische Bürokratie der deutschen in nichts nachsteht. Dass Löcher in Straßen tatsächlich tiefer als breit sein können. Dass Geduld nicht nur eine Tugend, sondern eine Notwendigkeit ist. Dass man nie hungrig in eine Gaststätte gehen sollte, denn es kann bis zu zwei Stunden dauern, bis das Essen kommt. Dass Geld stinkt - zumindest das in Tansania. Dass Verzicht nicht ärmer macht. Dass "Pole" nicht nur oben und unten an der Erde zu finden sind und einen Einwohner rechts neben Deutschland bezeichnet, sondern dass es sich dabei um die Bitte um Verzeihung auf Kiswahili handelt. Und dass "Pole Pole" nicht etwa beide Pole oder zwei Polen bedeutet, sondern schlicht und einfach "langsam". Was überhaupt die Hauptfortbewegungsart in Afrika ist. Außer bei Überlandbussen vielleicht.

POOHJERO
ÜBÄRWÄLTIGT
Das Leben dort unterscheidet sich tatsächlich sehr von unserem in Deutschland. Das geht schon damit los, dass die Tage über das ganze Jahr nahezu gleich lang sind. Spätestens 6 Uhr ist es hell, 19 Uhr ist es dunkel. Das führt aber auch dazu, dass die Abende entspannt sind. Kein Freizeitstress - wobei Stress ohnehin hier eine eher punktuelle denn andauernde Erscheinung ist. Und "burn out" kennt man hier höchstens, wenn der Küchenofen aus ist. Das Leben ist auf beeindruckende Weise quirlig und ruhig zugleich. Die Menschen haben Geduld, ob sie nun auf den Bus warten oder in der Schlange stehen, um ihre Stromrechnung in der Bank zu zahlen. Es gibt große Supermärkte, die aber für die meisten Menschen unerschwinglich sind, die meisten Waren hier sind sogar teurer als in Deutschland. Autofahren können sich wirklich nur die Reichsten leisten. Nicht nur, weil der Sprit im Verhältnis zum Einkommen viel teurer ist (die meisten verdienen gerade so eine Tankfüllung im Monat). Nein, es fahren so alte Autos, dass der Verbrauch auch noch höher ist als hier.

ÜBÄRLEBENSKÜNSTLER
ÜBÄRIRDISCH
Dass die Stromrechnung in Tansania am Monatsende viel niedriger ist als in Deutschland, hängt auch damit zusammen, dass der Strom immer mal weg ist. Meine Menschen haben Wasserflaschen in den Tiefkühlschrank gelegt und das somit ganz gut überbrückt. Ich weiß ja nicht, was sie meinten, wenn sie immer mal wieder davon redeten, dass sie zum Glück als Ossis das Improvisieren gelernt haben. Wenn man sich anschaut, wie gut sie den Alltag hier gemeistert haben, müssen Ossis aber echte Überlebenskünstler sein. Frage mich nur, warum der Volksstamm dann am Aussterben ist.

MILLIOBÄR
BÄRGSEE
Es gibt, betrachtet man den Alltag, neben dem Überleben zwei Dinge, die dem Afrikaner wichtig sind. Die Kommunikation. Und der Schlaf. Manchmal glaubt man, dass damit das Tagwerk beschrieben ist, aber das wäre in hohem Maße ungerecht. Aber wenn gerade niemand zum quatschen da ist und das Handy mal schweigt, dann haut Mann oder Frau sich halt gerne aufs Ohr. Wenn ihr mal längere Zeit die Mittagshitze erlebt habt, dann könnt ihr das auch nachvollziehen. Und dann findet man es zwar verwunderlich, wenn im Bäcker, an der Tankstelle oder in der Botschaft Menschen sich erst langsam in senkrechte Position begeben, wenn sie einen mitbekommen. Aber andererseits - warum nicht? Es ist doch nur eine blöde Industrienationentradition, dass man Arbeitspausen nicht mit Schlaf oder Schlummer füllen kann, weil es gar keine mehr gibt. Warum soll die Kassiererin im Supermarkt eigentlich nicht an ihrer Kasse pennen, so lange kein Kunde da ist?

BÄRLIEBT
BÄRMITENHÜGEL
Was mich immer wieder begeistert hat, das war die Freundlichkeit der Menschen, ihre Offenheit, ihr Interesse, ihre Bereitschaft, uns einen Einblick in ihr Leben zu geben. Ob Freddy, der Maasai, unsere Safari-Spezialisten Saleh und Sudi, Bergspezialist Jackson, ob Bibi, Glory, Magda, Juli und die anderen in der Kaliwa Lodge oder Greg in Ruanda. Und ganz besonders Saidi, Mariam und ihre Familie in Moshi und Elee, Roger und ihre Familien in Lomé. Ohne sie und viele weitere Afrikaner hätten wir nicht so ein schönes Jahr gehabt. An dem selbstverständlich auch Madeleine, Franzi, Lena und Taher ihren Anteil hatten. Aber sie sind ja in gewisser Weise Wanderer und Suchende wie wir. Nur dass sie ihren Platz in Afrika schon gefunden haben. Und dort dafür sorgen, dass der gute Ruf der Deutschen wenigstens im Ausland noch berechtigt ist.

ÜBÄRBLICK
JAGDFIEBÄR
Es gäbe noch vieles zu erzählen von diesem unbeschreiblichen Kontinent. Aber ich weiß, dass die meisten von euch nicht so gerne lange Texte lesen. Also mache ich lieber Schluss. Nicht ohne euch zu raten, auch mal eine Auszeit zu nehmen. Muss ja nicht gleich ein Jahr sein. Aber so sein Leben mal von außen zu betrachten, andere Lebensweisen kennenzulernen und auch mal wieder Zeit zu haben, auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu hören, das tut schon unglaublich gut. Und obwohl ich weiß, dass die nächste Zeit keine leichte wird: Ich habe keine Angst vor dem, was auf uns zukommt. "Die Zukunft kann man am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet", hat mal ein weiser Mensch (so was soll es geben) gesagt. Also auf zu neuen Abenteuern!

SWIMMINGPOOHL
BÄRENHUNGER
SEEBÄR





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