Elmina Castle - das älteste von Europäern errichtete Gebäude in Afrika. Von hier wurden tausende Skaven verschifft. |
Wir sind wieder in Togo. Ehrlich gesagt
ist es das erste Mal, dass wir erleichtert waren, ein Land wieder zu verlassen. Dabei sind wir wirklich nicht zimperlich, auch einem Abenteuer nicht
abgeneigt. Und Ghana ist ein schönes Land, das noch viel mehr zu bieten hat
außer dem, was wir gesehen haben – eine Küste mit zum Teil traumhaften
Stränden, riesige Lagunen, gesäumt von wahren Palmenwäldern. Fischer bis zum Bauch im Wasser oder in meist farbenfrohen Booten, die ihrem Tagwerk nachgehen. Dazu eine reiche,
wenn auch blutige Kolonialgeschichte, die vor allem an drei Castles und
dutzenden Forts entlang der Küste nachvollziehbar ist. Man fühlt sich sicher,
kann beruhigt selbst durch kleine Gassen gehen und nette Menschen treffen, mit
denen man leicht in Kontakt kommt, ohne dass sie gleich zu aufdringlich werden.
Hilfsbereit sind die Ghanaer, zuvorkommend, angenehme Menschen - bis auf die
Uniformierten.
Diese schönen Fischerboote sahen wir in Winneba: |
Wir haben von Montag bis Freitag auf 870
Kilometern 37 Polizeikontrollen passiert, sind davon 17 Mal angehalten worden.
Durchweg waren die Polizisten unfreundlich bis aggressiv, was womöglich zu
einem Teil darauf zurückzuführen ist, dass wir in einem togolesischen Auto
unterwegs waren. Man mag die französisch-sprachigen Nachbarn nicht so sehr,
haben uns zivile Ghanaer gesagt. Nun – Gastfreundschaft sieht jedenfalls anders aus. Von
der Tatsache, dass ein Polizist 30.000 CFA (45 Euro) von mir verlangte (und
bekam), um mich wegen eines fehlenden Feuerlöschers nicht zu arrestieren, habe
ich ja schon berichtet. Sicher war es ganz klar meine Schuld, mich nicht vorher
kundig gemacht, sondern darauf vertraut zu haben, dass das hier so locker
gehandhabt wird wie in Togo. Aber die Art und Weise, wie man mir zuletzt sogar
zur Last legen wollte, dass meine Sandalen zum Auto fahren nicht geeignet
seien, war echt schikanös. Die blanke Willkür. Noch über 200 Kilometer nach der
Grenze wurden unsere Papiere und alle mitzuführenden Gegenstände zeitaufwendig
überprüft. Als ob wir es ohne perfekte
Dokumente jemals so weit geschafft hätten bei diesem flächendeckenden
Kontrollnetz. Hier ging es schlicht und einfach um Machtdemonstrationen. Und wir haben inzwischen genug Länder hier bereist; um sagen zu können: Das ist nicht Afrika.
Mit dem Auto nach Ghana zu wollen ist nicht so einfach. |
Der Spaß fing an der Grenze schon an. Wir
hatten die internationalen Papiere fürs Auto, die Versicherung – und dennoch
gab es zwei Stunden Papierkrieg. Im einen Büro wurde ein Zettel ausgefüllt,
dann mussten wir 200 Meter weiter in ein anderes Gebäude, wo die Erfassung im
Computer erfolgte, nach der wir in einem anderen Gebäude in einer Bank Euro
Genehmigung und Bearbeitungsgebühr entrichten durften. Und das bei feinster
feuchter Hitze in einem Schalterraum, bei dem von sechs Schaltern zwei besetzt
waren und nur einer arbeitete. Man durfte sich auch nicht anstellen, das mache
die Dame nervös, wurde uns gesagt. Also musste man die Papiere in einen
Holzkasten stecken, und wann immer die Frau an ihr kleines Fenster klopfte,
durfte einer aufspringen und zu ihr eilen. Dann wieder zurück ins
Ursprungsbüro, wo wir unser Reisedokument und ein Zettelchen bekamen, mit dem
wir zur eigentlichen Kontrolle fahren mussten. Dass Elee fast verhaftet wurde, weil
er nicht um einen Appellplatz herumlief, sondern darüber wollte, setzte dem
Ganzen noch die Krone auf. Nach einem gelangweilten Blick in den Kofferraum und
dem Tausch des Zettelchens gegen ein Passiercheinchen durften wir endlich los. Wenn wir da an die freundliche und
unkomplizierte Schnellabfertigung an der Grenze zwischen Tansania und Ruanda
denken – da liegen Welten dazwischen.
Ghana hat zudem eine tolle
Geldbeschaffungsmaschine für einige seiner Bürger erfunden. Man muss nämlich
jeweils zwei Aufkleber-Reflektoren (vorne weiß und hinten rot) an seinem Auto anbringen.
Und die an der Grenze erwerben. Was dort „zwischen den Ländern“ herumläuft ist
sagenhaft. Auf jeden Fall waren wir froh, die uns angebotenen Reflektoren von
acht auf vier Euro heruntergehandelt zu haben – Geldschneiderei ist es
trotzdem. Aber warum sollte man auch einen guten Eindruck hinterlassen bei
Leuten, die in das Land einreisen. In Ghana hält das zumindest niemand für nötig.
Elmina Castle war für uns der Höhepunkt der Ghana-Reise |
Die ersten Kilometer durch die die unglaublich
reizlose Grenzstadt Aflao bestätigen den ersten Eindruck. Eine üble
Holperpiste, die ich nicht nach einem Regen sehen möchte, dreckige, baufällige
und halbzerfallene Häuser – hier wirbt ein Land mächtig für sich. Danach wird
allerdings nicht nur die Straße besser, auch die Dörfer und Städte kommen auf normalen
afrikanischen Standard. Und man könnte sich das Land wirklich gefallen lassen, wenn die
Polizei nicht wäre. Einmal nimmt man unsere Papiere mit, lässt uns im Auto
sitzen. Bis ich nach ein paar Minuten aussteige, da ich im Spiegel nur sehe,
dass die Uniformierten mit ein paar Zivilisten reden und lachen, locker um
einen Tisch fläzen. Der, der mir die Papiere abgenommen hat, sagt, ich solle
wieder einsteigen, man würde mir die Dokumente schon bringen. Ein älterer
Kollege erbarmt sich und kramt sie unter ein paar anderen Papieren und einem
dicken Buch hervor. Im weiteren Verlauf unserer Reise wurde noch unser
Reserverad inspiziert, ein Polizist wollte todernst wissen, was wir ihm und seinem
Kollegen mitgebracht hätten – und war mit meiner Antwort „Gutes Wetter“ nicht wirklich zufrieden. Und einer fragte
tatsächlich, ob er von uns was zu essen bekommen kann. Also das haben wir in
fast einem Jahr bei 12.000 selbstgefahrenen Kilometern in Afrika nicht erlebt, was hier in
Ghana innerhalb von 100 Stunden geballt kam. Unglaublich.
Die Tür ohne Rückkehr |
Pooh hatte Spaß im Elmina Castle |
So etwas können wir nicht ausblenden, wenn es um
unsere ganz persönliche Bewertung eines Landes geht. Da ändert es auch nichts mehr,
dass wir im „One Africa Guesthouse“ in Elmina hervorragend aufgenommen und
bewirtet wurden und dass der Besuch im Castle wirklich
überaus interessant war. Dass
die Fotoerlaubnis teurer war als der Eintritt für eine Person ist in Westafrika
offensichtlich üblich – wenn auch nicht schön. Aber etwas über Geschichte der
Sklavenverschiffung im ältesten europäischen Bauwerk auf afrikanischem Boden zu
erfahren war schon sehr interessant. Selbstverständlich besuchten wir auch den
„Raum ohne Rückkehr“, dessen Betreten heute zum Glück nicht mehr in die
Sklaverei führt. Schon erschütternd, was Menschen anderen Menschen angetan
haben. Und was es ja heute in moderner Form auch noch gibt.
Kein Weichzeichner - Salzwasser auf der Linse |
Weiter fuhren wir die Küste entlang an den
Axim Beach, einen der schönsten Strände Ghanas. Einmal abgesehen von dem Müll,
der überall hier an der Atlantikküste als Treibgut angespült wird, ist es
tatsächlich ein wunderschönes Plätzchen. Und das Axim Beach-Hotel ist sowohl
von der Lage als auch von der Anlage her ein echter Tipp. Auch die Cottages
überzeugen – zumal wir dank der Klimatisierung zum ersten Mal seit Monaten
wieder eine angenehm temperierte Nacht genießen konnten. Aber das Essen und der
Service sind diesem Ort überhaupt nicht würdig.
Der Besuch im Fort von Axim hat sich sehr gelohnt. |
Einzig das Beachrestaurant,
dessen Küche aber nur bis 17 Uhr arbeitet, liefert genießbare Speisen zu
passenden Preisen. Das eigentliche Hotelrestaurant wartet mit einem Abendbüffet
für knapp 15 Euro auf – echt viel für afrikanische Verhältnisse. Und bietet
dafür kalten, grätenreichen Fisch; lieblos dargebotene Zutaten, ein Dessert,
nach dem man fragen muss, lustlose, unfreundliche, langsame Kellner. Kurzum –
das macht keinen Spaß. Und wird eigentlich nur noch getoppt vom
Frühstücksbüffet. Hier muss man Saft, Früchte, Marmelade und Butter in Auftrag
geben. Die Darbietungsform ist ebenso wenig einladend wie die Gesichter der
Angestellten. Und der Service im Hotel ist
ebenso schlecht. Als wir von unserem Besuch im Fort von Axim
wiederkamen, war der Zimmerschlüssel mit der Reinigungskolonne unterwegs – und
die nicht auffindbar. Und als wir am Abend zwei frische Handtücher bestellten,
weil wir unsere auf die von der Meeresluft ziemlich angefeuchteten Außenstühle
gelegt hatten, bekamen wir nach anderthalb Stunden – zwei Bügel. Eine halbe
Stunde dauerte es dann noch, bis wir wirklich die Handtücher bekamen. Das klingt jetzt vielleicht sehr meckerig. Waren aber wirklich nur Kratzer auf einer schönen Platte. Denn Lage und Unterbringung waren exzellent, und der Besuch im Fort von Axim mit der Einzelführung war wirklich erinnerungswurdig. Auch wegen des aufziehenden Gewitters.
Das Jagdfestival in Winneba - ein großes Spektakel |
Richtig schön war dann noch der Aufenthalt in
Winneba. Dort begann just am Tag unseres Eintreffens das Jagdfestival, eins der größten Feste Ghanas.
Wir wussten selbstverständlich von nichts, weil wir den Ort als Zwischenstation
für die Heimfahrt erst auf Empfehlung togolesischer Freunde in den Reiseplan
aufgenommen hatten. Dummerweise war das uns empfohlene Hotel am Stadtrand
ausgebucht. Wir fanden dann ein nettes Gasthaus im Ort, von dem aus wir
direkten Zugang zu der Parade hatten, die am Nachmittag durch den Ort zog. Das
heißt, eigentlich waren es hauptsächlich rot gekleidete Menschen, die singend
und hüpfend durch die Straßen zogen. Wir gingen dann auch noch durch den
unwahrscheinlich belebten Ort, bis zum Hafen, durch Gassen, durch die wir uns
vor einem Jahr noch nicht getraut hätten. Aber überall sahen wir freundliche
Gesichter, Kinder, die uns zuwinkten – das war hoffentlich das Ghana, wie es
meist ist. Schade, dass das Land nicht nur diese Seite hat. Abendbrot – Reis
und Hühnchen, aßen wir für etwas mehr als drei Euro (zusammen) in einer
Straßenkneipe. Und die Nacht war dann zwar wieder ziemlich warm, aber
erstaunlich ruhig.
Dass wir Ghana nicht mit zu guten Erinnerungen
verlassen, dafür sorgten dann in bewährter Weise die Polizei und die
Grenzbeamten. Wir mussten doch tatsächlich diesen schwachsinnigen
Papier-Marathon wiederholen, weil wir unsere Genehmigung, mit dem Auto
einreisen zu dürfen, jetzt schließen mussten. Und uns nicht nur der nervigen
„freundlichen Helfer“ erwehren, die einem am liebsten den Pass aus den Händen
reißen wollen, um danach Geld für ihre Unterstützung einzufordern. Nein, hier
kann es – wie Heike – passieren, dass man gar nicht aussteigen kann, weil
Bettler vor der Autotür stehen. Mitten im Grenzkontrollbereich. Vielleicht
könnt ihr jetzt verstehen, warum wir erleichtert waren, wieder in Togo zu sein. Wir können nur jedem raten, Ghana mit einem einheimischen Chauffeur oder zumindest nicht mit einem togolesischen Auto zu bereisen.
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