Ganz bis zu tausendundeiner Nacht haben wir es dann doch
nicht geschafft. Aber dieser Tag, der im 1000 Nights Camp endet, war schon ein
märchenhafter. Die Straße führt uns vom Meer weg gen Südenwesten, zwischen ausgedehnten
Sandfeldern hindurch. Hier sind die „Achtung Kamele“-Schilder nicht bloße
Staffage, hier laufen diese Tiere tatsächlich – ziemlich desinteressiert am
Straßenverkehr – herum. Die meisten Unfälle, so hört man, ereignen sich im Oman
wegen Kamelen und Ziegen. Also Augen auf im Straßenverkehr. Ein echter
Hingucker ist gegen Mittag erreicht, das Wadi Bani Khaled. Ein kurzer Fußweg entlang des Wasserlaufes, dann öffnet
sich das Tal und man erblickt ein künstlich angelegtes, aber vom Fluss über das
ganze Jahr gespeistes großes Becken, das förmlich zum Baden einlädt.
Dieser Wadi trocknet nicht aus, so dass hier ein saftig
grünes Tal entstanden ist, das tatsächlich einem Märchen entsprungen zu sein
scheint. Kleine Brückchen führen zu Ruhepunkten. Es lohnt sich aber, diesen
Bereich hinter sich zu lassen und dem Fluss etwas weiter nach oben zu folgen.
Hier bildet er im Gestein natürliche Pools mit kleinen Wasserfällen, manche
erreicht man nur schwimmend von unten, andere laufend. Allen gemein ist das
klare, sprudelnde, erfrischende Wasser, von dem man sich gar nicht mehr lösen
will. Selbstverständlich kann ich der Versuchung nicht widerstehen, auch die
hier befindliche Höhle aufzusuchen, teilweise recht eng und stickig heiß. Hier
kommt man dem Geheimnis auf die Spur, wo der Fluss denn herkommt, denn er
entspringt unter dem Gebirge und rauscht in der Höhle schon kräftig, bevor er
wenig später ans Tageslicht tritt. Diese Naturattraktion darf man sich nicht
entgehen lassen, auch wenn es längst kein Geheimtipp mehr ist, wie der
übervolle Parkplatz bewies, den wir bei unserer Rückkehr vorfanden. Übrigens
waren es Amerikanerinnen und Italienerinnen, die von Kleiderordnung offensichtlich
noch nie was gehört haben und hier unter den Augen Einheimischer im knappen
Bikini schwimmen mussten, obwohl überall Hinweise zum Tragen angemessener
Kleidung zu sehen sind. Bei manchen Menschen ist es wirklich besser, sie
bleiben zu Hause.
Eine Dreiviertelstunde später erreichen wir die im Tourbook
beschriebene Tankstelle in Bidiyah, wo angeblich um 15 Uhr ein Konvoi zum 1000
Nights Camp starten soll. Nun, von einem Konvoi nichts zu sehen, auch ein
Anruf im Camp bringt keine Klärung. Da wir uns zu dem Zeitpunkt schon mehr
oder weniger (ich mehr, Heike weniger) entschlossen haben, das Abenteuer
allein anzugehen, bereitet uns das aber kein Kopfzerbrechen. Wir nehmen das
Angebot eines Fahrers an, uns zu einem Luftablasser zu bringen, da man in der
Wüste nur mit wenig Luft auf den Reifen fahren soll. Für 1 OMR ist das schnell
erledigt, und da der Mann sagt, dass er später noch Gäste ins Camp bringen
wird, machen wir uns auch keine Sorgen, irgendwo unentdeckt liegen zu bleiben.
Noch ein bisschen Straße, dann geht es auf gut 35 km Wüstentrip. Die letzte
Ortschaft verschwindet schnell hinter den Dünen, 180 km lang und bis zu 80 km
breit sind die Wahadi Sands. Die Piste ist gut zu erkennen, teilweise sausen
wir schwimmend wie ein Wüstenschiff durch den Sand. Mir macht es echt großen Spaß, und nach einer Weile entspannt sich Heike auch.
Ein schwieriges Stück ist eine Serpentine auf eine Düne
hinauf, aber als das überstanden ist, machen wir uns auch in Bezug auf die
Wüstentauglichkeit des Fahrzeugs keine Sorgen mehr. Kamele schauen uns zu bzw.
ziehen unten im Tal ihrer Wege, während wir die Dünen entlang fahren zu unserem
Tagesziel. Das 1000 Nights Camp besteht zum Teil
aus Beduinenzelten mit gemauertem, nach oben offenem Bad, zum anderen aus
festen Bungalows. Wir haben ein Beduinenzelt, in dem man sich wieder wie in
ein Märchen versetzt fühlt. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt erst einmal nicht,
wollen wir doch den Sonnenuntergang von der Düne aus genießen. Also schnell
(was man im Sand so schnell nennt) hinauf gekraxelt und ins milchige Gelb-Orange geschaut, das den Abschied vom Tag mit sich bringt. Wieder im Camp gibt es schon Essen, diesmal im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen
Unterkünften ohne Alkohol. Dafür sind die alkoholfreien Getränke und das
Wasser im Preis inbegriffen. Wir treffen zwei Exil-Tansanier, die hinter dem Grillbüffet stehen und die ich mit meinen Kiswahili-Fetzen richtig erfreue. Im Oman ist übrigens das Mitführen von Alkohol im
Auto bis auf wenige Ausnahmen verboten. Aber wir können schließlich auch ohne
Hilfsmittel fröhlich und glücklich sein. An einem Ort wie diesem überhaupt kein
Problem. (Nein, Rainer. Auf einen guten Whisky möchte ich trotzdem nicht dauerhaft verzichten. Erst recht nicht mit Dir. Wir sehen uns spätestens im Mai 2016.)
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