Die Zeit rennt. Nicht nur, weil wir in gespannter Erwartung auf das sind, was uns in 55 Tagen und vor allem dem darauf folgenden Jahr erwartet. Nein, das Leben fühlt sich tatsächlich immer schneller an. Seit Jahren schon spüren wir diese Beschleunigung, das Hamsterrad, das sich immer schneller dreht. Noch können wir Schritt halten. Aber wie lange noch?
Deshalb ist einer der Gründe für uns, ein Jahr auszusteigen, auch der, ein bisschen Tempo herauszunehmen. Zu entschleunigen, wie man neuerdings sagt. Einen mit viel Arbeit, mit Freude und Ärger, mit vielen schönen Erlebnissen und manchen Enttäuschungen gespickten Alltag mal für eine Zeit hinter uns zu lassen. Und das länger als während eines Urlaubs, den wir zwar auch schon mal auf fünf Wochen ausdehnen konnten, der aber dennoch einen recht überschaubaren Zeitraum abbildet.
Zeit! Zeit? Die spielt in vielen Ländern auf der Welt eine andere Rolle als in Deutschland. Man geht mit ihr anders um, legt sie großzügig aus. Das haben wir auf unseren Reisen auf anderen Kontinenten, aber selbst in Nachbarländern Deutschlands bisher als zumeist sehr wohltuend erfahren. Wenn wir nicht gerade fünf Stunden in Bangkok auf einen Flug mit Turkmenistan Airlines warten mussten oder 24 Stunden Verspätung mit Äthiopien Airlines hatten. Aber wie ist das, wenn man dort lebt, wo unser Verständnis für Zeit, für Pünktlichkeit, für Termine eine völlig andere Rolle spielt? Das wollen wir erleben. Ein Grund mehr, nach Afrika zu gehen.
Tja, wie ging es weiter nach unserem Entschluss vor gut einem Jahr? Wir hatten oft Kontakt mit Madeleine, skizzierten ihr unsere Vorstellungen, wurden von ihr auf den Boden geholt, hatten neue Ideen, wurden wieder auf den Boden geholt, haben uns angenähert und eine gemeinsame Idee entwickelt. Die immerhin ein halbes Jahr überlebt hat. Bis uns im Dezember klar war: Auch in Afrika ist alles in Bewegung. Vielleicht nicht so schnell wie hier. Dafür aber allübergreifend. Es gibt nichts, worauf man sich verlassen kann, außer darauf, dass man sich auf nichts verlassen kann. Auch nicht auf Pläne, die Deutsche machen. Eine gute Lehre für uns schon im Vorfeld des großen Abenteuers.
Aber zwischen den Plänen und ihrer Beerdigung lagen viele Monate. Rückblickend sind die im Eilzugtempo vergangen. Damals waren es endlos lang erscheinende Wochen. Erste Rechnungen, ob wir uns so was eigentlich leisten können. Endlose Überlegungen, ob wir nicht noch warten wollen. Und immer wieder die Frage? Soll ich fragen? Was passiert, wenn der Geschäftsführer "Nein" sagt? Begraben wir dann unseren Traum? Oder geben wir ganz und gar unsere Existenz hier auf und leben ihn ohne Wenn und Aber? Nun, diese Entscheidung wurde uns zum Glück abgenommen. Ich stieß mit meinem Anliegen bei unserem weltoffenen Geschäftsführer auf offene Ohren, nach einer kurzen Bedenkzeit gab er mit grünes Licht.
Ein weiterer schwerer Schritt folgte. Wie sag ich es den Kollegen? Immerhin lasse ich sie ein Jahr "im Stich". Die Sorge, dass der angekündigte temporäre Ersatz nicht kommt, hat sich inzwischen bestätigt. Dennoch habe ich auch da in meiner Arnstädter Lokalredaktion viel Verständnis erfahren. Sogar Bestätigung. Dann galt es, die finanzielle Seite zu klären. Ein Modell des Sabbatjahres besteht darin, über einen längeren Zeitraum - bis zu sechs Jahre - Teile des Gehaltes anzusparen und dann in dem einen Jahr auszuzahlen. So viel Zeit hatten wir nicht. Also überschlugen wir, was wir ungefähr an laufenden Kosten pro Monat erwarten und erhielten in der Personalabteilung große Unterstützung bei der Berechnung des einzusparenden Gehaltsanteiles.
Was dann folgte, war eine lange Zeit der Vorfreude. Immer mal unterbrochen von kurzen Zweifelphasen. Es gab sogar Tage, da dachten wir fast gar nicht an das große Abenteuer. Das uns, als abzusehen war, dass unsere Pläne nicht aufgehen werden, noch abenteuerlicher erscheint als zuvor. Aber dazu bald mehr.
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