In Ostafrika ist die Zeit anders. Sagte mir dieser Tage mein Swahili-Lehrer Frank. Und er meinte das nicht nur im übertragenen Sinne. In dem würde ich nämlich sagen, dass in ganz Afrika die Zeit anders ist. Als in Deutschland. Eigentlich in der ganzen Welt, hatte ich bisher auf meinen Reisen das Gefühl. Aber Frank meint das nicht metaphorisch. Sondern ganz ernsthaft.
Ich will das mal erklären. Inzwischen hat sich bei uns so eine Art Tagesablauf eingeschliffen. Gegen 2 Uhr morgens - mal etwas eher, mal etwas später - wachen wir auf. Der Morgenwäsche folgt der Gang zum Kühlschrank. Mal schauen, ob die Nacht Strom da war oder die Margarine wieder fluffig weich über den Toast laufen kann. Apropos Toast. Hier gibt es doch tatsächlich einen Bäcker, der dunkles Brot bäckt. Und das schmeckt auch fast wie zuhause. Ist ein bisschen weicher vielleicht. Und es gibt auch richtiges Roggenbrot. Damit hätten wir nun wirklich nicht gerechnet. Okay - alles kein Vergleich mit dem Bäcker-Mann-Brot. Aber unerwartet gut.
Aber ich weiche ab. Ich wollte ja was über 2 Uhr morgens schreiben. Wenn wir uns zur Morgenstunde in die Waagerechte begeben, ist es noch frisch. Das muss man sich mal vorstellen. Wir sitzen hier bei um die 20 Grad auf unserer Terrasse beim Frühstück und haben eine Jacke an, weil uns fröstelt. Irgendwie kann ich so langsam verstehen, warum die Afrikaner so einen Horror vor Europa haben. Wenn man bei 20 Grad schon nicht mehr das Gefühl hat, dass es warm ist, dann müssen einem der Gefrierpunkt oder gar Minusgrade wie der sichere Tod vorkommen.
Doch zurück zu 2 Uhr morgens. Die Afrikaner stehen früh auf. Manche gehen nachts gar nicht ins Bett. Die Wächter zum Beispiel. Jede Lodge hat einen, der nachts aufpasst. Mehr oder weniger. Unserer machte uns die Tage nach dem Fußballspiel Deutschland-Holland nach Mitternacht das Tor mit Sturmhaube und dicker Jacke auf. Unter seinem Liegestuhl lag eine Machete. Tagsüber sieht man Wächter vor jeder Bank. Die haben dann zuweilen auch Waffen dabei, sehen sehr martialisch aus. Gestern kam uns auf der Straße ein Jeep-Konvoi entgegen. Wahrscheinlich mit irgendwelchen Regierungsmitgliedern. Am Ende fuhr ein Pickup, auf der Ladefläche vier Männer mit schussbereiten Maschinengewehren. Echt krass. Ach so - wer keinen Wächter hat, engagiert zumindest einen Sicherheitsdienst. Irgendwie trauen selbst die Tansanier den Tansaniern nicht.
Ich weiß, ich schweife schon wieder ab. Also, um mal auf den Punkt zu kommen. 2 Uhr morgens ist wirklich verflucht früh. Das heißt aber nicht, dass wir zu wenig Schlaf bekommen. Schließlich liegen wir normalerweise erst irgendwann in Richtung Mitternacht im Bett. Schauen dann noch ein bisschen Fußball (wenn Strom da ist), bevor wir das Moskitonetz herunterlassen und mehr oder weniger gut schlafen.Obwohl, meist gut, wenn der Wächter nicht noch zu laut mit einem spätnächtlichen Gast plaudert. Oder die Hunde der Umgebung sich zuviel zu erzählen haben.
Bevor ihr jetzt glaubt, ich habe zuviel Konyagi getrunken, will ich die Geschichte mal auflösen. Was? Ihr wollt wissen, was Konyagi ist? Na gut, so viel Zeit muss sein. Also Konyagi ist DER Schnaps in Tansania. 35 Prozent, am ehesten ein Gin, mit einem interessanten Beigeschmack, über den wir uns noch nicht ganz klar sind. Am besten soll er mit Tonic schmecken, das haben wir noch nicht probiert. Aber auch pur kann man ihn gut trinken. Die 200-ml-Flasche kostet im Laden etwas mehr als einen Euro. In der Glacier Bar, in der wir uns oben erwähntes Fußballspiel anschauten, zahlt man das Doppelte. Auch noch erschwinglich. Selbst für hiesige Verhältnisse, weshalb das in Dar es Salaam destillierte Produkt auch für die meisten Alkoholprobleme in Tansania verantwortlich sein soll.
Jetzt aber genug mit dem Alkohol. An dem liegt es nicht, dass ich euch so lange mit 2 Uhr morgens quäle. Es liegt vielmehr an Ostafrika. Am Swahili. Hier beginnt der Tag nämlich, wenn das Tagwerk beginnt. Also irgendwie so um den Sonnenaufgang, weshalb man mit der Tageszeit-Rechnung 6 Uhr der uns bisher bekannten Zählart beginnt. Das führt dazu, dass 6 Uhr in hiesiger Auffassung 12 Uhr morgens ist. 7 Uhr entspricht hier 1 Uhr morgens - saa moja asubuhi (Stunde eins Morgens). Wenn wir also 2 Uhr morgens aufstehen, dann entspricht das in Deutschland - und fast überall auf der Welt - 8 Uhr. Ab Mittag wird dann nicht mehr morgens, sondern tagsüber gesagt, 12 Uhr anderswo ist also hier saa sita mchana - 6 Uhr am Tag. Und wenn man sich hier für 12 Uhr abends (saa kumi na mbili jioni) verabredet, dann wird es wohl zu einem frühen Abendbrot sein, weil es 18 Uhr entspricht.
Verwirrend. Oder? Ich kann noch einen kleinen drauflegen. Mit den Wochentagen. Woche heißt Juma. Es ist, wie ich finde, eine geniale Idee, die Tage einfach zu nummerieren. In Swahili wird das getan, leider nur mit drei Tagen. Die heißen dann Jumatatu, Jumanne und Jumatano - übersetzt Woche drei, Woche vier und Woche fünf. Dummerweise ist aber auch bei den Wochentagen die Zeit in Ostafrika anders. Man darf also nicht glauben, dass mit diesen Tagen Mittwoch, Donnerstag und Freitag beschrieben wird. Auch nicht, dass wie verbreitet im englischsprachigen Raum die Woche am Sonntag beginnt. Nein. Hier beginnt sie am Samstag. Was bedeutet, dass die Tage drei, vier und fünf der Montag, der Dienstag und der Mittwoch sind. Naja. Man kann nicht alles haben. Zumindest lässt es sich leicht merken - nun muss ich nur noch an die richtigen Tage dabei denken.
Hallo Thomas ich hoffe Du machst Dir keinen Knoten in die Zunge.Poohs Freunde möchten gerne wissen wie es Ihm geht, sie Fragen mich immer wenn ich sie besuche. Sie haben lange nichts von ihm persönlich gehört
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