Freitag, 24. Mai 2013

Noch nicht richtig da

Seit zehn Tagen sind wir wieder in Deutschland - und ich bin alles andere als angekommen bisher. Aber man soll ja positiv an das Leben herangehen, und so steht auf der Habenseite das Wiedersehen mit vielen von unseren Freunden - und einige Begegnungen, auf die wir uns sehr freuen, stehen auch noch aus. Dass uns unser Häuschen so vorgekommen ist, als wären wir nur ein Wochenende weg gewesen, ist auch sehr erfreulich. Und nicht zu vergessen sind ein paar unserer Lieblingsgerichte - selbstverständlich inklusive Thüringer Bratwürsten und Rostbrätel - die wir in den vergangenen Tagen wieder genießen konnten.

Darüber hinaus fällt es aber noch schwer, dem Hiersein positive Seiten abzugewinnen. Das liegt zum einen an der unglaublichen Kälte. Da haben wir gehofft, in den deutschen Frühsommer, mindestens aber einen schönen Frühling zurückzukehren. Und was finden wir vor? Spätwinter. Sechs Grad waren es heute Vormittag. Das hatte ich zuletzt im August auf dem Kilimanjaro! Unfassbar. Dazu der viele Regen. Hat man hier anstelle des Frühlings die Regenzeit eingeführt? So viel Wasser kam weder in Tansania noch in Togo vom Himmel - und die haben dort tatsächlich Regen- und Trockenzeiten. Zum Glück ist die Korkenzieherweide, die in unserem Garten am Wochenende im aufgeweichten Boden keinen Halt mehr fand, so glücklich gefallen, dass sie keinen weiteren Schaden angerichtet hat. Das Holz werden wir in dieser Eiszeit sicher bald brauchen. Noch ist es aber so nass, dass man damit höchstens Rauchzeichen geben könnte.

Dann sind hier die Kosten. Ich wusste gar nicht mehr, wie teuer das Leben hier ist. Das geht beim Einkauf los, dann waren Neuanmeldung, Durchsicht und TÜV fürs Auto fällig. Versicherung hier, Reparaturkosten da, eine unverschämte Rechnung von unserem Heizungsservice, bei dem zwei Mitarbeiter 1,75 Stunden für den Austausch eines frostgeschädigten Außenwasserhahnes benötigten. Naja, jetzt ist es nicht mehr unser Heizungsservice. Dumm(er) gelaufen. Das ist es auch am Wochenende mit unserem Auto - der Marder fand die Kabel unwiderstehlich.

Bei diesen Rechnungen sieht man, was die Arbeitskraft hier kostet. Und beim Einkauf, bei Strom- und Gasabrechnung und sonstigen Ausgaben, dass man dieses Geld auch zum Leben benötigt. Das ist schon irrsinnig. In Togo haben wir in der Werkstatt für die Reparatur einer Felge und den Kauf einer neuen (recycelten) Felge inklusive Reifenwechsel, Räderwechsel und Autowäsche (Zeitdauer etwa eine Stunde, beteiligt drei Personen) 15 Euro bezahlt. Inklusive eines großzügigen Trinkgeldes. Dort können Werkstatt und Mitarbeiter auch irgendwie davon leben (wenngleich ich nicht weiß, wie das geht). Grundsätzlich sind die Einkommen in Afrika deutlich niedriger. Und trotzdem machen die Leute einen glücklicheren, entspannteren Eindruck als die, die hier in der Stadt an einem vorbeihasten. Wahrscheinlich gehöre ich auch bald wieder zu den Hastenden. Nur ist es das wert?

Was gab es noch? Die Niederlage von Henrys Griesheimern im Kreispokal hat mir mehr leid getan als das Ausscheiden von Rot-Weiß Erfurt im Landespokal, weil man bei dieser Truppe ohnehin mit allem rechnen muss. Aber dem Gesetz der Serie folgend müsste dann mein nächster Sympathieträger, Dortmund, morgen im Champions-League-Finale auch verlieren. Hoffen wir also mal, dass die Serie reißt. Ich habe festgestellt, dass mir größere Menschenansammlungen (noch) nicht behagen, interessanterweise geht es Heike ebenso. Ob es an dem Zurschautragen von Wohlstand, dem Ausstaffieren und dem zum Teil arroganten Gehabe mancher Mitmenschen liegt? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall interessieren uns Äußerlichkeiten momentan noch weniger als früher. Es sind wirklich die inneren Werte, die zählen. Außen hui, innen pfui, dass ist uns in Deutschland deutlich öfter begegnet als in Afrika.

Naja, und ansonsten ist es schon erstaunlich, wie wenig sich in einem Jahr ändert. Oder zumindest, wie wenig sich verbessert. Die Straßen in Arnstadt sind noch genauso schlecht bis schlechter, die Preise für Strom und Gas steigen weiter, die lokalpolitischen Diskussionen wirken ähnlich fruchtlos wie vor Jahresfrist. Vom neuen Wind im Rathaus nichts zu spüren, was sicher auch an den alten Heißluftproduzenten auf den Stadtratssitzen liegt. Und was die Arbeit angeht - ach, da denke ich einfach noch ein paar Tage nicht dran. Zumindest habe ich mich schon persönlich in Arnstadt und mailisch offiziell in Erfurt zurückgemeldet. Alles weitere wird sich finden.

Also, ich bin zwar hier, aber noch nicht wirklich angekommen. Das bedeutet aber nicht, dass ich mich schlecht fühle. Ich genieße die letzten ruhigen Tage mit Heike, freue mich auf den einen anderen Ausflug, den wir für die nächste Zeit planen, und nehme mir vor, das Leben trotz der Widrigkeiten mehr zu genießen. Denn das gilt in Afrika wie hier in Deutschland. Man hat nur das eine Leben. Warum es sich also mit Ärger versauen?!

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