Internet in Afrika war bisher immer eine einfache Sache. Man kauft sich eine Telefonkarte, manchmal muss man sich registrieren, dann erwirbt man Guthaben und sucht sich am Handy einen Datentarif aus, den man mit dem Guthaben bezahlt. Das konnte man in Tansania per Menü oder SMS machen, in den südafrikanischen Ländern, die wir bereisten, immer über das Menü. Nie musste ich dafür eine Hotline in Anspruch nehmen oder gar ein Office aufsuchen. Dazu noch den Zugangspunkt erstellt (was ganz einfach ist, wenn man einmal weiß, wie), schon konnte man surfen. In Tansania zum Beispiel für 10 Euro pro Monat ein Volumen von 5 Gigabyte.
Hier in Togo ist das anders. Da gibt es das große Unternehmen Togocell, der Marktführer mit der besten Netzabdeckung. Auf dem Weg in die Stadt zum Telefonkarte kaufen sah ich ein großes Werbeplakat, auf dem mit schnellem Internet für eine Monatsflat von 15.000 CFA (etwa 22,50 Euro) geworben wird. Gut, ganz schön teuer, dachte ich mir. Aber was soll’s. Telefonkarte gekauft, genug Guthaben erworben. Auf den Handzettel geschaut. Dumm geguckt. Keine Informationen über Menüs, noch nicht einmal, wie man den Guthabenstand abruft. Na, vielleicht kommt das nach dem Aufladen, dachte ich mir. Karte eingelegt, Guthaben aufgeladen, Bestätigungs-SMS erhalten. Wieder dumm geguckt. Immer noch kein Hinweis auf die Einrichtung der Datenverbindung, kein Menü, nichts. Elee hatte auch keine Ahnung, konnte mir aber immerhin sagen, dass ich mit *444# mein Guthaben abfragen kann. Getan, Bestätigung erhalten, dass genug Geld drauf ist. Dann hat Elee die Hotline angerufen, weil man spricht hier ja Französisch, da kommt Englisch nicht in die Tüte.
Dort wurde ihm erklärt, dass es kein Selbstverwaltungsmenü gebe, sondern man in ein Togocell-Office kommen müsse. Dort erfolge die Registrierung, außerdem müsse man die Freischaltung fürs Internet noch beantragen. Und bezahlen. WIE BITTE??? Ich glaube, ich spinne. Ich bezahle hier noch dafür, dass ich für afrikanische Verhältnisse sündhaft viel Geld für eine Internetverbindung ausgeben darf? Das ist doch die Höhe, auch wenn es nur 3,75 Euro sind. Aber es half ja nichts. Elees Bruder Roger rief noch einen Bekannten an, der bei Togocell arbeitet, und der bestätigte ihm den Schwachsinn. Es gab wohl mal die Möglichkeit, aber das wurde abgeschaltet. Wenn das mal nicht geradezu nach staatlicher Kontrolle stinkt.
Das Office in der Stadt war auf Kühlschranktemperatur gekühlt. Wir bekamen erst eine Nummer und einen Fragebogen, nachdem ich den ausgefüllt hatte, bekam ich auch noch eine zweite Nummer. Wir spekulierten schon, mit welcher Nummer wir wohl zuerst dran kämen. Die Abarbeitung der Nummern vor uns dauerte ewig. Obwohl die eine Nummer nur drei und die andere acht Plätze vom Ziel entfernt war, lief alles auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen heraus. Zwischenzeitlich fummelte ein Mann an meinem Handy und stellte eine abstruse Zugangskombination aus, auf die wirklich kein Mensch zufällig kommt. Es geht hier offensichtlich wirklich darum, den Zugang zum Internet einzuschränken und nicht zu ermöglichen. Dann endlich waren wir an der Reihe, die Nummer mit dem kurzen Weg zum Ziel hatte doch noch gewonnen. Dem Herrn durfte ich dann erst einmal mein Handy auf Französisch umstellen, damit er die gleichen Zugangsdaten noch einmal eingeben konnte. Meinen Fragebogen ignorierte er.
Da am Nebentisch unsere andere Nummer aufgerufen wurde, bat ich Elee, sie hinzugeben, damit die Dame nicht ewig umsonst warten und weiter bedienen kann. Tat sie aber nicht, sondern wartete. Auf uns, wie ich sogleich merken sollte. Wir wurden jetzt nämlich mit dem Fragebogen übergeben und die Dame begann, Papiere auszufüllen. Da ich der Meinung war, dass die Frage nach meinem Familienstand unerheblich für den Zugang zum Internet sei, hatte ich ledig, verheiratet, geschieden und verwitwet gleichermaßen angekreuzt. Daran nahm die Dame allerdings keinen Anstoß – ist hier vielleicht auch Vielweiberei erlaubt wie bei den Maasai? Jedenfalls reichte sie mir eine Quittung für die Zugangserlaubnis und eine weitere über 15.000 CFA für die Internetflat. Nein, erklärte ich mit Elees Übersetzungshilfe, ich werde ihr das Geld nicht geben. Das soll sie von meinem Guthaben nehmen, wie es in jedem zivilisierten Land dieser Welt möglich ist, das ich bisher bereist habe. Ich glaube, Elee hat nicht wortwörtlich übersetzt, sie blieb nämlich freundlich. Dennoch bekam sie mein Geld nicht und ich konnte ihr schließlich immerhin die Information abringen, dass eine Stunde Internet 400 CFA kostet. Also, überschlug ich, käme ich mit meinem Guthaben locker bis einen Monat vor unserer Abreise und müsste dann halt doch diesen Tarif buchen. Über welches Menü ich das dann machen könnte, fragte ich. Dazu müsste ich wieder in ein Togocell-Office kommen, sagte sie. Wie Togocell es bei solch idiotischen Regelungen geschafft habe, Marktführer zu werden, fragte ich. Elee schaute mich entgeistert an und war nicht zu bewegen, das zu übersetzen.
Zurück am Strand wartete ich auf das Funktionieren der Datenverbindung. Vergeblich, bis ich Elee entlocken konnte, dass das wohl bis 18 Uhr dauern könne. Hätten sie dort gesagt. Irgendwie war er immer noch geschockt, was ich den Leuten hatte sagen wollen. 18 Uhr ging nichts, am nächsten Morgen auch nicht. Also trafen wir uns mit Elee wieder in der Stadt und gingen erneut in das Office. Der Mann am Empfang wollte uns eine Nummer geben, ich bat Elee aber, zu übersetzen, dass ich keine Nummer möchte, sondern mit einer kompetenten Person sprechen will. Nach der zweiten, nachdrücklichen Bitte übersetzte Elee das auch. Das machte den Empfangsmenschen etwas unruhig. Wieder wollte er mir die Nummer geben, aber mit Elees Hilfe machte ich ihm klar, dass ich mich nicht noch einmal eine Stunde in diesen Raum setze, sondern jetzt den Chef sprechen möchte, um mich zu beschweren. Das machte ihm Beine, zuerst zu den Schaltern und schließlich zum Chef, der mich zwar grimmig musterte, aber schließlich doch mein Handy nahm, die Einstellungen überprüfte und zuletzt entnervt einen Neustart machte. Und siehe da, dann ging es. Ob man mir das denn nicht gesagt hätte mit dem Neustart? Ein Blick zu Elee – nein, das hatte garantiert keiner gesagt. Mit einem netten Grinsen zum grimmig dreinblickenden Chef verließen wir die Kühlhalle.
Und nun sitze ich hier am Meer, blicke auf die Brandung, genieße den leicht kühlenden Wind und schlage mich mit einem Internet herum, das noch langsamer ist als in der Kaliwa Lodge in meinem geliebten Tansania. Das schnelle Internet gibt es nämlich nur in der Stadt, wenn es denn mal geht, wie wir im Goetheinstitut erleben durften. Man flutscht es, mal schleicht es. Aber er ist wieder da, der Draht zur Außenwelt, und deshalb könnt ihr dieses Erlebnis auch lesen.
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