Das ist nicht einfach nur ein abgesoffener Gemüsestand, davor das ist die ebenso abgesoffene Straße |
Dann wurde zunächst unser Visum kontrolliert,
danach mussten wir in eine andere Baracke, wo wir die Ausreisestempel bekamen
und meine Personalien aufgeschrieben wurden. An Heikes Daten waren sie nicht
interessiert. Als das erledigt war, quälten wir uns an Lkw vorbei durch ein
enges Tor, passierten das mächtig belebte Niemandsland und fuhren dann in den
Grenzbereich der Republik Benin. Dort wies mich Elee an, mich auf die rechte
Seite zu stellen, was selbstverständlich auch wieder nicht richtig war. Dann
wurden auf der rechten Seite unsere Personalien aufgenommen, wir bekamen den
Einreisestempel und mussten dann auf die linke Seite, wo kontrolliert wurde, ob
wir alle Papiere für das Auto dabei haben. Anschließend fuhren wir 100 Meter
vor und mussten auf der rechten Seite noch ein Passierscheinchen erwerben,
damit uns die Einfahrt ins Land erlaubt wurde. Alles in allem ging es dank des
geringen Andrangs recht flott.
In Benin tankten wir voll, es ist ein paar CFA
billiger als in Togo, und holten Geld. Das ist hier das gleiche wie in Togo,
der CFA. Gleicher Wert, gleiche Scheine – wie beim Euro. Auf den Scheinen
erkennt man das Herkunftsland angesichts des aufgedruckten ersten Buchstabens
des Ländernamens. Burkina Faso, Senegal, Elfenbeinküste und Mali gehören auch
zur Westafrikanischen Währungsunion. Wie in der Eurozone gibt es hier auch
unterschiedliche Preise, so kosten Baguettes in Benin zum Beispiel etwas mehr, sind
aber auch wesentlich leckerer als die, die wir in Baguida bekommen.
Die Straße in die etwa 100 Kilometer entfernte
Hauptstadt Cotonou ist zu Beginn noch gut, dann wird sie immer löchriger, dass
einem Angst und Bange werden kann. Bis zu einem Meter im Durchmesser, bis zu
etwa 20 Zentimeter tief, mit scharfen Asphaltkanten. Und oft gleich zwei oder
drei leicht versetzt nebeneinander, so dass man sich aussuchen kann, welches
man mitnimmt. Dazu kommt, dass man das Gefühl hat, dass in Benin nicht nur die
Motorradfahrer keinen Führerschein brauchen, sondern auch die Auto- und
Lkw-Fahrer. So etwas habe ich bei all meinen Auslandsaufenthalten noch nicht
erlebt. Die meisten sind der Meinung, dass man mit einem Rad immer jenseits des
Mittelstreifens fahren muss. Das hat nichts mit den Löchern zu tun, die
Randstreifen sind erstaunlicherweise über weite Strecken in einem besseren
Zustand als die Fahrbahn. Der Hauptgrund sind die Zweiräder, von denen es hier
noch einige mehr gibt als in Togo, und deren Fahrer aufgrund ihrer großen Menge
wohl glauben, die Straße gehöre ihnen. Sie überholen ohne auch nur das
geringste Anzeichen, queren die Straße, kommen auch mal auf der Gegenseite
angebraust und schnippen zwischen den Autos hindurch, als gäbe es kein Morgen.
Da sie sich meist rechts breit machen, ist die Mitte-Fahrerei der Pkw und Lkw
bis zu einem gewissen Maße noch verständlich. Die wird aber auch praktiziert,
wenn kein Zweirad in Sicht ist, und führt, da es der Gegenverkehr ja auch so
macht, zu einem ständigen Pendeln. Das macht das Überholen zu einer kniffligen
Angelegenheit. Na ja – und langsam hinter jemanden herfahren, wenn es auch
schneller geht, ist, wie mancher vielleicht weiß, nicht mein Ding.
Auf den belebten Abschnitten konnte ich leider nicht fotografieren |
Die Krönung kam aber vor unserem ersten
Zielort Cococindji, einem Vorort von Cotonou. Da hörte nämlich die Befestigung
der Straße plötzlich auf. Das heißt, für uns plötzlich. Die Einheimischen
wissen wahrscheinlich, dass hier, auf der wichtigsten Transitstrecke Benins
zwischen Togo und Nigeria, gut 20 Kilometer Straße fehlen. Dafür fährt man auf
einem bis zu etwa 50 Meter breiten Sand-Highway. Wie schön, dass es eine halbe
Stunde vorher kräftig angefangen hatte zu regnen. Jetzt musste ich mich auch
nicht mehr wundern, warum die uns entgegenkommenden Fahrzeugen seit geraumer
Zeit so schmutzig waren. Sie hatten keine Nebenstraßen passiert. Nein, sie
waren durch die gleiche Schlammwüste gefahren, die sich uns nun auch auftat.
Auch hier das gleiche Bild. Die meisten fuhren in der Mitte. Und wenn man, wie
ein paar andere und ich dann auch, sie wegen des schnelleren Vorankommens
rechts passierte, wurde man noch dumm angeglotzt. Oder angehupt. Sehr
merkwürdig. Warum fährt man hinter einem Lkw her, wenn man ihn auch passieren
kann und dahinter sogar wieder ein bisschen Vorausblick hat auf das, was einen
erwartet? Tiefe Schlammlöcher zum Beispiel. Seen, in denen Melonen schwimmen.
Kreuzende Zweiräder, die irre schlingernd gegen den Morast kämpfen.
Steckengebliebene Autos, deren Besitzer verzweifelt versuchen, sie wieder in
Gang zu bringen. Das war wirklich ein Fahrerlebnis der Extraklasse. Driften
inklusive. Ehrlich gesagt, mir hat es Spaß gemacht. Meinen Mitfahrern
vermutlich nicht ganz so. Am Ende des Tages stellte aber Elee zumindest fest,
dass ich Auto fahre wie ein alter Hase.
Nun, in Cococindji trafen wir Martine. Sie
wohnt hier in einer Zweizimmerwohnung mit Küche und Dusche. Toilette ist ein
Plumpsklo mit Steinumfassung auf dem Hof. Erwartungsgemäß gab es nach einem Begrüßungswasser
– es wird gar nicht mehr so viel Bier ausgeschenkt hier – ein leckeres
Mittagessen mit Reis und Fisch, dazu einen französischen Rotwein. Im Anschluss
schloss Martine ihr kleines Geschäft, so eine Art Tante-Emma-Laden, das sie
unmittelbar am Grundstück, auf dem sie ihre Wohnung gemietet hat, betreibt.
Dann fuhren wir mit ihr und ihrer Freundin und deren Tochter nach Cotonou, um
dort ein Kunsthandwerkszentrum zu besichtigen. Andere Sehenswürdigkeiten waren
den Damen nicht eingefallen, und angesichts des wolkenverhangenen Himmels war
uns auch nicht ganz so nach ausgedehnten Außenaktivitäten. Also wieder raus in
die Schlammschlacht und ab Richtung Hauptstadt. Tatsächlich bekamen wir erst
kurz vor dem Stadtzentrum wieder Asphalt unter die Räder. Der Verkehr in der
Stadt war wie zu erwarten chaotisch, aber beherrschbar. Auch hier, auf den
vierspurigen Straßen, das gleiche Bild. Eigentlich für Zweiräder gesperrt,
haben Vierräder-Fahrer vor der Übermacht kapituliert und nutzen die rechte
Fahrspur nur, um auf der linken Fahrspur schleichende Fahrzeuge zu überholen.
Es kann aber auch sein, dass ein großer Lkw aus irgendeinem Grund langsam nach
rechts driftet, damit für nachvollziehbare Aufregung unter den Motorradfahren
sorgt und man dann die Chance nutzen muss, links durch die Lücke zu sprinten,
da man sonst von hinten vollgehupt wird. Zum Glück ist Elees Toyota im zweiten
Gang ganz anzugkräftig – wenngleich er glaube ich bei ihm noch nie solche
Beschleunigungen mitmachen musste.
Auf dem Kunsthandwerksmarkt in Cotonou |
Wir kamen jedenfalls dank Martines Ortskenntnis
gut zu dem Souvenirmarkt und kauften für alle ein paar feine Stücke. Martine
ist ein Genie, was das Handeln angeht. So ignorierte sie jeweils die erste
Preisnennung total, schaute den Verkäufer vielmehr an, als wolle er ihr an die
Wäsche gehen. Daraufhin gab es ein besseres Angebot, das sie dann als Grundlage
zum Feilschen nutzte. Auf die Art lagen wir am Ende bei 50 bis 60 Prozent des
Ursprungspreises. Die Krönung war der Kauf von zwei Ohrringen für Heike. Sie
sollten 2000 CFA kosten (also etwa 3 Euro). Dann kamen noch zwei Schlüsselanhänger
dazu (jeweils 500 CFA). Und schließlich fiel Martine noch ein Kamm auf, den sie
für ihre Mama kaufen wollte. Der war, so sagte der Verkäufer, für 5000 CFA zu
haben. Nach einigem hin und her, bei dem gar nicht mehr sicher war, ob wir
überhaupt etwas kaufen wollen, bekamen wir dann alles zusammen für 2000 CFA.
Ein weiterer Trick ist es, die Summe, die man gewillt ist zu bezahlen, dem
Verkäufer in die Hand zu drücken, wenn die Verhandlung ins Stocken geraten ist.
Man sollte selbstverständlich das Objekt seiner Begierde schon in der eigenen
Hand haben. Dann zieren sich die Verkäufer meistens, schweren Herzens kann man
je nach Preis noch einmal 500 oder 1000 CFA nachlegen, aber dann hat es sich
und man hat einen guten Abschluss gemacht. Jedenfalls schauten einige der durch
uns beglückten Geschäftsinhaber am Ende eher glücklich darüber aus, dass sie
uns loswurden, als darüber, etwas verkauft zu haben. Nach einem kleinen
Rundgang schauten wir uns noch ein bisschen um und machten uns dann schon
wieder auf den Rückweg. Wir fuhren nach Cototomey, kurz vor Cococondji gelegen,
wo Heike und ich im Motel Karakachi übernachteten. Wir aßen hier noch alle
gemeinsam Abendbrot, auf das wir gut eine Stunde warteten. Es hat sich aber
wieder einmal gelohnt, die Fischspieße waren hervorragend. Beim Warten stellten
wir anhand der Fernsehnachrichten fest, dass Benins Zeit der Togos um eine
Stunde voraus ist. Das machte die Verabredung für die Abfahrt am morgigen
Sonntag etwas komplizierter, aber wir bekamen es hin.
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