|
Die Pfahldörfer nördlich von Cotonou sind eine Hauptattraktion Benins
|
Nach einem aufregenden und erlebnisreichen Tag
sind wir wieder in Togo angekommen und genießen die Meeresbrise auf unserer
Terrasse. Dabei begann alles ganz friedlich, wenn auch wegen afrikanischer
Zeitrechnung nicht ganz zu der Zeit, die wir uns vorgestellt hatten. Wir fuhren
zum Lac Nokoue, ein riesiger See nördlich von Cotonou, wo es seit den Zeiten
der Sklaverei Pfahldörfer gibt. Dorthin, in die sumpfigen und je nach
Jahreszeit überschwemmten Randzonen, hatten sich weite Teile der Bevölkerung
zurückgezogen, um der Sklaverei zu entgehen. Sie bauten ihre Häuser auf
Pfählen, und logischerweise spielte sich das Leben hauptsächlich auf dem Wasser
ab.
|
Man beachte - der Bootslenker sitzt hinten! |
Das ist auch heute noch so. Und obwohl
inzwischen viele Menschen auch am Seeufer auf festem Boden leben, sind Flüsse
und Seen Lebensgrundlage der Menschen und Boote die Hauptverkehrsmittel. Sie
leben in erster Linie vom Fischfang, ein bisschen auch vom Tourismus. Wir
fuhren nach Ganvie, der einwohnermäßig größten Ortschaft, aber der unbekanntere
von zwei Startpunkten für eine Bootstour zu den Dörfern. Einmal mehr erwiesen
sich Martine und Elee als begnadete Feilscher und drückten den Preis von 25.000
auf 17.000 CFA (26 Euro) für uns vier auf einem überdachten Boot mit Fahrer und
Guide. Und dann fuhren wir auch schon den Fluss entlang, gesäumt von vielen
Reusen ; immer wieder begeneten uns Boote. Dazu gab es viele verschiedene Vögel. Am
schönsten fand ich wieder die Kingfisher, über dem Wasser schwebend und dann
wie ein Pfeil hineinstürzend auf der Jagd nach einer Mahlzeit. Schließlich
sahen wir die Pfahlbauten – und die Hochwasserspuren, die zeigten, dass auch
die Pfähle nicht immer ausreichen, um das Haus trocken zu halten. Im Jahr 2010, so erklärte unser
Guide, habe es eine schlimme Flutkatastrophe gegeben, da stand selbst in den höchsten
Häusern das Wasser 20 Zentimeter hoch. Das sei aber das erste Mal so
gewesen, seit sein Volk sich hier angesiedelt habe. Und deshalb gebe es auch
keinen Grund, umzuziehen.
|
Mittagessen mit Blick auf das Leben im Pfahldorf Ganvie |
In diesen Dörfern rund um den See mit ihren
etwa 100.000 Einwohnern lernen die Kinder so früh wie möglich schwimmen.
Außerdem müssen sie spätestens mit sechs Jahren schon ein Boot rudern und vor
allem lenken können, dann müssen sie nämlich in die Schule. Wer etwas auf sich
hält, schenkt seiner Braut zur Hochzeit ein Boot, und wer mehr hat als die
anderen zeigt es mit seinem Außenbordmotor. Nicht nur zur Schule und in die
Kirche fährt man mit dem Boot, auch der Einkauf wird auf dem Wasser erledigt. Der
Markt wird auf Booten abgehalten, es wird aber auch von Haus zu Haus gefahren,
um Handel zu treiben. Wasser holt man an einer zentralen Wasserstelle mittels
einer Pumpe, denn das Gewässer selbst ist nicht nur Nahrungsgrundlage für die
Fischerei, sondern auch Toilette und Müllhalde. Die wenigen größeren Inseln
sind zumeist den höchsten, größten und vor allem gemauerten Gebäuden
vorbehalten, den Kirchen bzw. Moscheen. Davon gibt es hier wie überall in
Afrika reichlich, und da heute Sonntag ist, sahen wir auch, dass sie stark
frequentiert werden. Immer mal wieder zog ein mit traditionell gekleideten
Menschen besetztes Boot an uns vorbei, je mehr wir aber in die Randgebiete
kamen, desto häufiger sahen wir, dass auch der Sonntag hier nicht arbeitsfrei
ist, sondern dass die Fischer ihrer Tätigkeit nachgehen.
|
Gefischt wird auch am Sonntag - mit bescheidenem Erfolg |
Einem konnten wir näher ins Netz schauen und
seine Ausbeute sehen. Etwa 40 Mal hatte er sein Netz an diesem Tag schon
ausgeworfen, Martine kaufte den spärlichen Fang für umgerechnet 1,50 Euro. Das
tat uns so leid, dass wir das gleiche Geld überreichten – wir wurden mit einem
strahlenden Lächeln dafür belohnt. Es ist immer wieder befremdlich, wenn man
sich überlegt, wie wenig die Arbeit des Menschen hier in Afrika wert ist. Wenn
man bedenkt, dass die Fische durch eine Bekannte des Bootsführers später noch
kostenlos ausgenommen und entschuppt wurden, dann weiß man, dass die Chancen
eines einfachen Fischers, etwas für sein Alter oder für Krankheiten
zurückzulegen, fast null sind. Im Vergleich dazu sind die 15 Euro, die wir später im „besten
Hotel am Platze“ für zwei ausgezeichnete Fischmahlzeiten mit Ananas zum Dessert,
dazu sechs Getränke, bezahlten, schon fast ein Vermögen. Die Erlöskette ist
hier in Afrika schon ebenso kaputt wie in Europa, wo der Erzeuger meist den
geringsten Anteil am Gewinn erhält.
|
Pooh im Afrika-Stuhl |
|
Startender Kingfisher |
Nach gut zweieinhalb Stunden waren wir dann
wieder zurück am Auto und machten uns auf die Rückfahrt. Unser Ziel war es, die Grenze noch bei Tageslicht zu erreichen. Die inzwischen
weitgehend abgetrocknete Sandpassage brachten wir gut hinter uns, aber dann
schnitt uns ein schwachsinniger Taxifahrer erst die Vorfahrt, kam dann nicht
aus dem Knick, so dass ich ihn überholte, und wenig später raste er mit einem
Affentempo neben mich und drängte mich nach rechts in eins der Schlaglöcher, so
dass es einen mächtigen Schlag tat. Der hatte wirklich ein Rad ab, der Typ. Unseres war noch dran. Noch.
Wir waren nicht viel weiter gekommen,
da fuhren wir wieder auf einen langsamen Mitte-Fahrer auf, und als der plötzlich abrupt
nach rechts steuerte, sah ich das dafür ursächliche Loch zu spät und es knallte
ein zweites Mal. Das war dann zu viel für die arme Felge vorne rechts und wir
hörten, wie die Luft den Reifen verließ. Zum Glück hat Elee alles in Schuss und
führte ein intaktes Ersatzrad mit, so dass wir bald darauf die Fahrt fortsetzen
konnten. An der Grenze, die wir trotz des Zwischenfalls noch rechtzeitig erreichten, erlebten wir die gleiche Prozedur wie auf der Hinfahrt,
wieder war man auf togolesischer Seite der Meinung, dass ich nicht so parken darf wie die Einheimischen,
aber die Stempel- und Aufschreibe-Formalitäten wurden dafür sehr beiläufig
absolviert. Logisch – lief doch gerade die Übertragung von Liverpool gegen
Chelsea im Fernsehen. Zurück in Togo, zurück in der alten Zeit mit zwei Stunden
Unterschied zu Deutschland, haben wir uns nun entschlossen, unsere Ghana-Reise
um eine Woche zu verschieben, um sie mit einem intakten Ersatzrad antreten zu
können und uns von den Reisestrapazen erst einmal zu erholen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen