Dienstag, 15. Juli 2008

Maja hat Malaria


Maja ging es heute Morgen nicht besser, so dass wir uns entschieden, die geplante Tour in Richtung Norden nach Atakpame ausfallen zu lassen und stattdessen einen Ruhetag einzulegen. Zumindest wollten wir uns aber die Baustelle von Elees Haus ansehen und fuhren deshalb die schon bekannte Strecke in Richtung Kpalime bis an die Stadtgrenze. Hier ging es dann über die bisher huckligsten Buckelpisten immer weiter in die Natur, zwischendurch gab es mal nur Mais und Bäume, dann kamen wieder ein paar Häuser, und nach zahlreichen weiteren Ecken waren wir dann am Grundstück. Hier ist ein neues Wohngebiet im Entstehen, allerdings völlig anders, als man es in Deutschland gewohnt ist. Die Erschließung solcher Wohngebiete erfolgt erst im Nachhinein, nicht wie bei uns vorher. Hier sucht man zunächst eine Wasserstelle – dafür hatte schon jemand in der Umgebung gesorgt. Dann schafft man eine Zufahrt – die Bezeichnung Straße wäre völlig unangemessen, selbst Feldweg trifft es nicht wirklich. Und dann baut man schon die Häuser.

Das, in welches Elee mit Delphine, Geraldo und Elodie in wenigen Wochen einziehen wird, steht an einer Kreuzung. Außer dem Haus, das sich diagonal gegenüber befindet, ist von der allerdings noch nichts zu sehen. Das Grundstück ist von einer hohen Mauer umgeben, auf einer Seite bildet die Hauswand die Grenze. Was wir vorfanden, war größer, als wir es uns vorgestellt hatten und auch schon viel weiter fortgeschritten. Es haben drei Leute gearbeitet, einer malerte, die anderen waren mit der Abwassergrube beschäftigt. Was noch fehlte – und auch noch eine ganze Zeit fehlen wird – war der Stromanschluss, auch fließend Wasser wird noch länger auf sich warten lassen. Dennoch ist es hier eine beachtliche Leistung, auf die Elee zu Recht stolz sein kann, es nach zwei Jahren Bauzeit zur Einzugsreife gebracht zu haben. Sicherlich werden sie sich in ihrem neuen Heim sehr wohl fühlen – was sich allerdings deutlich verlängert, ist der Weg zur Arbeit. Auf dem Rückweg wollten wir etwas laufen, da es allerdings anfing zu regnen, blieb es nur bei einem kurzen Stück.

Wieder in unserer Wohnung angekommen plumpste Maja gleich in ihr Bett und verschlief völlig den folgenden Platzregen mit diversen Wassereinbrüchen. Am stärksten war es in ihrem Zimmer, dort lief das Wasser vom Balkon unter der Tür hindurch und breitete sich aus. Mit etwas Pappe und einem alten Lappen dichteten wir notdürftig ab. Zum Glück hörte der Regen bald auf, und dann kam auch Elee, um uns Baguette und ein paar Kleinigkeiten dazu zum Mittag zu bringen. So konnte er Hilfe holen, die die Bescherung beseitigte. Gut, dass wir zuhause waren, sonst wären die Koffer schön eingeweicht gewesen.

Maja ging es auch nach dem Schlafen nicht besser, es war sogar eindeutig erhöhte Temperatur dazugekommen, so dass wir uns entschlossen, einen Arzt aufzusuchen. Elee, den wir anriefen, erkundigte sich sogleich bei Roger, und der besorgte uns einen Termin beim Chefarzt in der Klinik, in der er arbeitet. Überraschenderweise war der Weg diesmal sehr kurz. Im Krankenhaus mussten wir erst einmal schmunzeln. Im Wartezimmer waren nur wenige Plätze frei – allerdings war es, wie wir beim zweiten Hinschauen bemerkten, ausschließlich Klinikpersonal, das hier saß, fern sah und sich unterhielt, der Chefarzt war auch dabei. Majas Daten wurden quasi nebenbei aufgenommen, Fieber und Blutdruck messen folgten. Mit 38,7 Grad war die Temperatur schon stark erhöht.

Wir gingen dann mit dem Arzt in sein Zimmer, wo ein Radio laut plärrend die Unterhaltung etwas erschwerte. Das war für uns nur zum Teil ein Problem, wir verstanden den Doktor ja eh nicht. Elee tat sein Bestes bei der Übersetzung der verschiedenen Symptome, wir hatten Impfausweis und Malariatablette dabei und augenscheinlich auch alles richtig gemacht, was die Vorsorge anging. Zwischenzeitlich war auch Roger aufgetaucht und bemühte sich um Maja. Die wurde dann erst einmal ins Labor geschickt, wo aus dem Finger etwas Blut, ein „Dicker Tropfen“, genommen wurde. Dann musste noch geklärt werden, ob die Vielzahl der vom Arzt aufgeschriebenen Analysen tatsächlich alle nötig sind, auf Blutzucker und Cholesterin verzichteten wir erst einmal. Wenige Minuten später das Ergebnis: Malaria. Ein Schock – weiß man doch als Europäer eigentlich nur, dass man daran sterben kann und dass das auch Millionen Menschen in Afrika jedes Jahr widerfährt. Maja und Heike konnten sich die Tränen nicht verkneifen, bei mir war es wenig später so weit, nachdem wir mit einem Rezept auf dem Weg in die Apotheke waren. Roger und Elee hatten darauf bestanden, die Kosten für die Analyse zu übernehmen, der Arzt auf sein Honorar verzichtet.

So viel Freundschaft und Unterstützung, so viel Zuneigung und selbstlose Hilfe in einem fremden Land zu erfahren, treibt mir auch jetzt beim Schreiben wieder die Tränen in die Augen. Bei aller Sorge um Maja sind es auch Tränen des Glücks, solche Freunde zu haben. Wir brachten dann Maja wieder ins Bett, verabreichten die Medizin, statteten sie mit dem Handy aus für Notfälle und fuhren dann zu Elee, wohin auch Roger mit seiner Familie noch einmal kam. Wir hatten noch ein paar Kleinigkeiten gefunden, mit denen wir uns für seine Geschenke bedanken konnten. Aufwiegen, was sie an diesem Tag durch ihre Unterstützung für uns getan haben, kann man aber mit keinem Geschenk der Welt. Was sie für uns getan haben, ist es wert, sie als Teil unserer Familie zu betrachten. Und so habe ich mit meinen 41 Jahren nun doch noch Geschwister bekommen, nämlich Brüder in Togo, die, gemeinsam mit ihren Familien, immer in meinem, in unseren Herzen einen Platz haben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen